Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl in der Zentralafrikanischen Republik wurden bestätigt

Touadéra zahlt pünktlich

Die Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik verliefen fast reibungslos. Nach dem Bürgerkrieg ging die Gewalt stark zurück, doch die Milizen existieren noch.

Die Zentralafrikanische Republik (ZAR) ist ein in beträchtlichen Teilen kriegszerstörtes Land. 72 Prozent der Krankenhäuser und Gesundheitszentren wurden beschädigt oder zerstört. Über 20 Prozent der Bevölkerung wurden vertrieben, sie mussten in anderen Teilen des Landes oder in Nachbarländern Zuflucht suchen. Die ZAR ist aber auch ein Staat, in dem die jüngsten Wahlen erstaunlich reibungslos abliefen und nach Jahren der ethnisierten und konfessionalisierten Gewalt zwischen Bevölkerungsgruppen zum Teil sogar durch soziale Themen entschieden wurden.
Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 14. Februar wurden vorige Woche offiziell bestätigt. Zugleich befindet sich das Land derzeit zwischen den beiden Durchgängen der Parlamentswahl, deren Stichrunde noch aussteht. Wie fragil der augenblickliche Friedenszustand in der ZAR ist, zeigt jedoch das erneute Aufflammen von konfessionalisierter Gewalt seit Donnerstag voriger Woche in der Nähe von Bambari im südlichen Zentrum des Landes. Es kostete mindestens 15 Menschen das Leben.
Das 4,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählende Land ist potentiell reich, es weist Vorkommen von Uran, Gold und Diamanten auf. Doch die 1960 formal von Frankreich unabhängig gewordene Zentralafrikanische Republik wurde, wie andere frühere französische Kolonien der Region, über Jahrzehnte von einer in erster Linie an Selbstbereicherung interessierten Führungsschicht regiert. Kam es zum Machtwechsel, wurde er oftmals von Frankreich manipuliert oder gesteuert.
Der letzte langjährige Präsident, François Bozizé, kam auf diese Weise 2003 an die Macht. Französische Kampfflugzeuge überflogen während seines Staatsstreichs die Hauptstadt Bangui und überwachten die Stellungen gegnerischer Verbände. Doch die bilateralen Beziehungen verschlechterten sich, nachdem 2007 Nicolas Sarkozy zum Amtsnachfolger Präsident Jacques Chiracs gewählt worden war. Als im März 2013 eine bewaffnete Rebellion der Séléka (Allianz) den Präsidenten aus Bangui vertrieb, ließ Frankreich diese gewähren. Die Séléka wurde unter anderem vom Regime im nördlichen Nachbarland Tschad protegiert. Seit 1990 wird dieses Land von Idriss Déby autoritär geführt, das Regime ist besonders eng mit den französischen Interessen in der Region liiert.
Da jedoch der Tschad überwiegend muslimisch geprägt ist und die Händler in Bangui, die die Séléka finanziell unterstützten, mehrheitlich aus dem muslimischen Norden und Nordwesten des Landes stammen, wurde der innenpolitische Konflikt ethnisch und konfessionell aufgeladen. Aus den mehr­heitlich christlichen Bevölkerungsgruppen wurde eine Gegenmiliz, die Anti-Balaka (etwa: »Gegner mit der Machete«), rekrutiert. Es kam zu eskalierenden Übergriffen auf Angehörige der jeweils anderen Bevölkerungsgruppe.
Im Laufe des Jahres 2014 klang die Gewalt in den meisten Gebieten allmählich ab. Teils weil die UN-Truppe Minusca die Milizen abschreckte, aber auch, weil Vertreibungen und ethnisch-konfessionelle »Säuberungen« in vielen Stadtteilen Fakten geschaffen hatten und Einwohner der jeweils »falschen« Zugehörigkeit massenhaft vertrieben worden waren. Rund eine Million Menschen mussten ihre Wohngebiete verlassen, von ihnen leben 460 000 in den Nachbarländern Kamerun, Tschad und Demokratische Re­publik Kongo. Im vorigen Juli waren 426 000 Menschen als Binnenflücht­linge registriert, die französische NGO »Ärzte ohne Grenzen« gab deren Zahl am Donnerstag voriger Woche mit 450 000 an. Seit dem 26. September ist es in der Hauptstadt Bangui erneut zu Gewalttaten gekommen. Bislang ist unklar, wie eine Rückkehr der Flüchtlinge ermöglicht werden kann.
Angesichts der angespannten Lage schien es gewagt, Wahlen zu organisieren – ein Ziel, das die westlichen Großmächte bei Konflikten in Afrika gern als Allheilmittel darstellen. In Zeiten bewaffneter Konflikte ist eine freie Wahl oftmals nicht möglich. Doch die Wahlen in der ZAR verliefen erstaunlich gut. Am 30. Dezember fand zunächst die erste Runde der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Letztere wurden annulliert, da erhebliche Unregelmäßigkeiten festzustellen waren. Es gab organisatorische Mängel, aber die meisten Wahlberechtigten waren teilnahmewillig und vielerorts bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Auch Flüchtlinge in den Nachbarländern konnten wählen.
Beim zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl standen sich der unabhängige Kandidat Faustin-Archange Touadéra und Anicet-Georges Dologuélé gegenüber, der sich auf eine eigene Partei stützt, die 2013 gegründete »Union für zentralafrikanische Erneuerung« (URCA). Toudéra war von 2008 bis 2013 der letzte Premierminister unter Präsident Bozizé gewesen und wurde inoffiziell durch einen Teil von dessen Partei KNK (Kwa Na Kwa, »Arbeit, nichts als Arbeit«) unterstützt. Andere Fraktionen der KNK verweigerten Toudéra jedoch die Unterstützung, sie insistieren vor allem auf der Rückkehr Bozizés aus dem kamerunischen Exil. Dologuélé war von 1999 bis 2001 Premierminister unter Präsident Ange-Félix Patassé.
Zwar ist das Regime Bozizés vielen in schlechter Erinnerung, Touadéra wird jedoch zugute gehalten, dass er im Gegensatz zu vielen seiner Regierungskollegen persönlich nicht korrupt gewesen sei. Auch blieb er als derjenige Regierungschef in Erinnerung, unter dem die – oft geringen – Gehälter der Staatsbediensteten stets pünktlich bezahlt wurden. Er richtete regelmäßige Überweisungen dafür ein, deren Termine auch eingehalten wurden, währende andere Minister oder Regierungschefs die Gehälter aus dem Staatsbudget oft hinterzogen oder mit mehrmonatiger Verspätung auszahlen ließen.
Vor diesem Hintergrund präsentierte Touadéra, der anfänglich eher als Außenseiter bei der Wahl galt, sich als »Kandidat der Armen« und prangerte die Korruption an. Dies funktionierte auch deswegen gut, weil sein Herausforderer Dologuélé vor allem als jemand in Erinnerung bleibt, in dessen Regierungszeit die Privatisierungspolitik zugunsten von einheimischen Reichen und ausländischen Investoren intensiviert wurde. Touadéra wurde allerdings nicht nur von den Armen unterstützt. Die französische Politik, die über einige Netzwerke im Land verfügt, schwenkte schließlich auf ihn um, da man ihm am ehesten eine Stabilisierung des Landes zutraut.
Im Februar siegte Touadéra in der Stichwahl nach offiziellen Angaben mit 62,7 Prozent der Stimmen. Dologuélé sprach zunächst von Wahlbetrug, erkannte das Ergebnis dann jedoch an. Was die Parlamentswahlen betrifft, die Mitte Februar erneut abgehalten wurden, so wurden bislang erst 45 von insgesamt 140 Sitzen verteilt. Eine offizielle Bestätigung der Resultate steht noch aus, bislang zeigt sich eine zersplitterte Parteienlandschaft. Die Wahl kann als Votum für die Normalisierung gewertet werden, doch die Regierung muss zunächst beweisen, dass sie tatsächlich regieren kann. Denn die Milizen existieren noch und treiben in vielen Teilen des Landes illegal Abgaben ein.