Das Lächeln des haarigen Affen

Verhunztes Fresko. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Religion und Humor sich vertragen, dann wurde er in der Kirche Santuario de Misericordia im spanischen Borja erbracht. Zur Erinnerung: Vor vier Jahren restaurierte dort eine Rentnerin auf eigene Faust ein Jesus-Fresko und veränderte es so stark, dass das Kunstwerk als der »haarige Affe« in die Kirchen- und Kunstgeschichte einging. Das verhunzte Wandbild sorgte weltweit für Heiterkeit, inspirierte zahllose User im Internet zu neuen Fresken und wurde zum Touristenmagneten. Tausende wollten das Jesus-Bild sehen, das jedem Besucher ein Lächeln entlockt. Nicht zuletzt lachte die Stadtverwaltung von Borja. Zwei Euro Eintritt wurden vom Besucher verlangt, ein Geschäft, das so gut lief, dass jetzt sogar ein eigenes Besucherzentrum errichtet wurde, in dem sich Touristen über die Entstehungsgeschichte des Wandbildes informieren und Souvenirs kaufen können. Auch die Künstlerin Cecilia Giménez hat Grund zur Freude. Sie verkauft inzwischen ihre eigene Weinkollektion mit einem eigens gemalten Jesus auf dem Etikett. Pläne, das verpfuschte Fresko professionell restaurieren zu lassen, hat die Stadt inzwischen aufgegeben. her
Wurstkrieg bei Daimler
Am Büffet. Handtücher klauende Hotelgäste und Buchmessenbesucher, die Beutel voller Visitenkarten abgreifen, kannte man schon. Dass aber Aktionäre auf Hauptversammlungen große Mengen Würstchen einstecken, war bisher kaum bekannt. Bei der Daimler-Aktionärsversammlung in der vergangenen Woche ist ein Kampf am Würstchen-Büffet derart eskaliert, dass die Polizei gerufen werden musste. Ein Aktionär habe mehrfach Würstchen vom Buffet zum Mitnehmen eingepackt, sagte eine Konzernsprecherin. Eine ebenfalls am Würstchenstand weilende Anteilseignerin habe den Mann zur Rede gestellt, was dann in ­einen heftigen Streit ausartete. Kämpfe um Käsewürfel, hartgekochte Eier und Schinkenröllchen sind auf Aktionärsversammlungen aber offenbar an der Tagesordnung, wie ein Blick in einschlägige Foren zeigt. Hier tauschen sich Interessierte darüber aus, wo es besonders leckeres Essen gibt. Auf der Seite www.gevestor.de wird zum Beispiel vom Buffet der Dax-Konzerne ­abgeraten. Diese seien inzwischen recht knickerig. Die Hauptversammlungen von Nebenwerten, insbesondere regionale Unternehmen, lohnten hingegen. »Solche Firmen lassen sich erfahrungsgemäß nicht lumpen«, heißt es hier. her
Tony Conrad
Nachruf. Wie man sich auf Knopfruck unbehaglich fühlen kann? Indem man sich mal wieder einem Ausschnitt aus »Four Violins« aussetzt. Ein ereignisarmes, passagenweise schneidendes Dröhnen, das der Musiker, Klangkünstler, Schöpfer experimenteller Filme und Performances, Tony Conrad, 1964 komponierte. Nach einem Studium der Mathematik in Harvard, mit John Cage und Karlheinz Stockhausen im Kopf, hatte es Conrad zu Beginn der Sechziger nach New York verschlagen. An die Lower East Side, wo er zu einer Schlüsselfigur der dortigen Avantgarde wurde. Er trat mit La Monte Youngs Theatre of Eternal Music auf, spielte mit John Cale und Lou Reed bei The Primitives und sorgte mit »The Flicker« (1966) für Furore: War dieser stro­boskopartige Op-Art-Effekt überhaupt als Film zu bewerten? Zu Beginn der siebziger Jahre traf Conrad auf die deutsche Krautrock-Band Faust und nahm mit ihr das Album »Outside the Dream Syndicate« auf. Ab 1976 lehrte er an der Fakultät für Media Studies der Universität Buffalo und veröffentlichte mit »Slapping Pythagoras« 1995 sein erstes Album seit über zwei Jahrzehnten. Anschließend arbeitete er etwa mit Jim O’Rourke, Rhys Chatham, Genesis Breyer P-Orridge oder Tony Oursler zusammen. Am Samstag ist Tony Conrad im Alter von 76 Jahren gestorben. oko