Nicht so gemeint

Keine Toleranz – dafür ist der philippinische Präsidentschaftskandidat Rodrigo Duterte bekannt. Er ist Bürgermeister von Davao City auf der südphilippinischen Insel Mindanao, ein Amt, das er mit Unterbrechungen über 22 Jahre lang ausgeübt hat. Die Millionenstadt galt einst als Hochburg des Verbrechens. Sie liegt an der Sulusee, durch die eine wichtige von ­Piraten heimgesuchte Wasserstraße verläuft, und ist ein Zentrum für Schmuggel aller Art; zudem operieren auf Mindanao die Jihadisten der Moro Islamic Liberation Front (MILF) – genug zu tun also für einen Verbrechensbekämpfer. Dutertes Null-Toleranz-Strategie fielen jedoch nicht nur Schwerverbrecher, sondern auch zahlreiche Straßenkinder und Kleinkriminelle zum Opfer. Einem Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2015 zufolge wurden während Dutertes Amtszeit in Davao City über 1 000 Menschen durch von ihm unterstützte Todesschwadronen ermordet. Er steht zu seiner Politik, befürwortet die »Massenexekution von Kriminellen« zur Abschreckung und kündigte an, als Präsident bis zu 100 000 Kriminelle töten zu lassen.
Das müsste eigentlich reichen, um an seiner Eignung als Präsident zu zweifeln. Doch Davao City rühmt sich, nun eine sichere Stadt zu sein, und viele Politiker, darunter die ehemalige Präsidentin, bewunderten Duterte für seinen Erfolg. Für Empörung sorgte vorige Woche eine andere Aussage des 71jährigen. 1989 nahmen in einem Gefängnis in Davao Häftlinge Geiseln, das Gefängnis wurde schließlich von Soldaten erstürmt, es gab Dutzende Tote. Unter den Geiseln waren einige Nonnen, die von den Geiselnehmern vergewaltigt wurden, darunter die Australierin Jacqueline Hamill, der danach die Kehle durchschnitten wurde. Bei einer Gedenkveranstaltung sagte Duterte vergangene Woche, Hamill sei so schön gewesen und er bedauere, dass die Geiselnehmer ihm, der damals Bürgermeister war, zuvorgekommen seien. Nach scharfer Kritik beteuerte er, dies nur aus Wut und nicht als Witz geäußert zu haben; so redeten Männer eben und er habe nicht vorgehabt, Frauen und den Opfern der Geiselnahme den Respekt zu verweigern. Tatsächlich hat er sich etwa für »gender-sensible« Politik und gegen Gewalt an Frauen eingesetzt. Trotz Kritik an seiner Aussage gilt Duterte daher vielen weiterhin als Verteidiger von Frauenrechten. Die Toleranz für ihn ist offenbar hoch.