Das Klo in der Krise I

North Carolina. Toiletten sind zu einem globalen Testfall für das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen, sexueller Identitäten und Klassen geworden. Das universale Klo hat offenbar ausgedient, derzeit kämpfen ganz unterschiedliche Kräfte und Bewegungen darum, dass ihre politischen Vorstellungen in der Gestaltung von Sanitäranlagen Ausdruck finden, etwa im ökologisch korrekten Kompostierklo oder in der sowohl hockend wie auch sitzend nutzbaren Multikulti-Toilette, die für Erstaufnahmeeinreichtungen konzipiert wurde, oder im diskriminierungsfreien Unisex-Klo, wie es für öffentliche Einrichtungen in Berlin-Kreuzberg beschlossene Sache ist.
Die Eine-für-alle-Toilette gibt es bereits in Schweden und den USA, was aber nicht heißt, dass die Sanitärfrage in diesen Ländern bereits zur Zufriedenheit aller gelöst wäre. Im Gegenteil. Derzeit tobt in North Carolina ein erbitterter Streit um ein neues Toilettengesetz, der das kulturelle Leben im Bundesstaat komplett lahmzulegen droht. Nachdem bereits Bruce Springsteen, Ringo Starr und Bryan Adams Konzerte im US-Bundesstaat absagten, haben sich auch Pearl Jam dem Protest gegen ein Gesetz angeschlossen, das transgeschlechtlichen Menschen vorschreibt, nur solche öffentlichen Toiletten zu benutzen, die dem in ihrer Geburtsurkunde genannten Geschlecht entsprechen. her
Das Klo in der Krise II
San Francisco. Auch in San Francisco wird über Klos gestritten. Die Stadt muss sich derzeit in einem Zivilverfahren vor Gericht für die Errichtung eines Urinals in einem Park rechtfertigen. Gegen die in der Nähe des hochfrequentierten Dolores Park im Februar dieses Jahres errichteten Freilufttoiletten hat die Chinese Christian Union geklagt. Um das sogenannte Wildpinkeln einzudämmen, hatte die Stadtverwaltung im Zuge von Erneuerungsmaßnahmen in der Grünanlage Toiletten in der Nähe des Parks errichtet. Die christliche Gemeinde zeigte sich mit der Ausgestaltung der Urinale allerdings höchst unzufrieden und behauptete, sie verstießen gegen die Moral die Gleichberechtigung und seien weder für Alte noch für Behinderte geeignet. Wenn man sich die luftige Stehpisserkonstruktion anschaut, muss man den Klägern im letzteren Punkt voll und ganz recht geben. Komfortklos sehen anders aus. her
Das Klo in der Krise III
Guggenheim Museum. Geht doch. Der italienische Künstler Maurizio Cattelan zeigt, wie eine Sanitäreinrichtung für gehobene Ansprüche aussehen kann. Sein Klo besteht aus 18karätigem Gold und wird ­Anfang Mai im New Yorker Guggenheim-Museum installiert. Das Toiletten-Kunstwerk soll in einem der Waschräume des auch wegen seiner eleganten Architektur legendären Ausstellungshauses eingebaut werden, berichtete die New York Times. Der Künstler kalkuliert Missverständnisse durchaus ein. »Es besteht das Risiko, dass die Menschen das als Witz sehen, aber ich sehe es nicht als Witz«, sagte Cattelan, der eigentlich vor einigen Jahren seinen Rückzug aus der Kunstwelt bekanntgegeben hatte, weil er sich ausgebrannt fühlte. Das Klo soll Teil der Kunstausstellung sein, es gehört also nicht zur Ausstattung des Museums, darf aber wie ein normales Klo benutzt werden. »Es ist nicht meine Aufgabe, den Menschen zu sagen, was ein Werk bedeutet. Aber ich glaube, dass die Menschen eine Bedeutung in diesem Werk sehen werden«, erklärte Cattelan. Der Italiener gehört zu den höchstdotierten Künstlern der Gegenwart. Eine Verbindung zwischen seinem Marktwert und dem goldenen Klo herzustellen, wäre aber vermutlich eine allzu banale Interpretation des neuen Werks. her