Nazis wollen am 1. Mai in Plauen demonstrieren

Hitler-Fans für den Sozialismus

Die Nazipartei »Der III. Weg« mobilisiert für den 1. Mai zu einer bundes­weiten Demonstration ins sächsische Plauen. Dort hat sich seit vergangenem Herbst mit der Initiative »Wir sind Deutschland« eine rechtspopulistische Bewegung profiliert.

Die Kreisstadt Plauen ist Verwaltungssitz des sächsischen Vogtlandes, im äußersten Südwesten des Freistaats gelegen, unweit der Grenzen zu Thüringen, Bayern und der Tschechischen Republik. Am 1. Mai will die neonazistische Kleinpartei »Der III. Weg«, die Nachfolgestruktur der verbotenen Organisation »Freies Netz Süd«, wie bereits 2014 durch den idyllisch gelegenen Ort marschieren. Dagegen mobilisieren die bundesweite Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative« und das sächsische Bündnis »Time to act«. Unter »Zeit zu handeln« versteht das Bündnis jedoch nicht nur, sich gegen Neonazismus zu engagieren, wie dessen Sprecherin Rosa Leonhardt der Jungle World erläuterte. »›Der III. Weg‹ marschiert keineswegs zufällig in Plauen. Die Stadt rollt rassistischen Strukturen den roten Teppich aus«, sagte sie.

Das Bündnis »Time to act« erwartet, dass sich etwa 1 000 Nazis an dem Aufmarsch beteiligen werden. Die Kundgebung steht unter dem Motto »Kapitalismus zerschlagen – Für einen Deutschen Sozialismus«. Recherchen Leipziger Anitfaschisten zufolge wird aus England ein von der Nazigruppe »National Action« organisierter »Pro-Hitler-Block« erwartet. Die Gruppe tritt mit einem mit dem SA-Signet nahezu identischen Logo auf und hielt Ende Januar eine Kundgebung in Newcastle ab. Dabei zeigten Vermummte ein Transparent mit der Aufschrift »Hitler was right« und salutierten mit dem Hitlergruß. Aus Griechenland werden Neonazis der Partei »Goldene Morgenröte« erwartet, die zuletzt am 31. Januar von deutschen Kameraden – Mitgliedern von »Der III. Weg« aus Plauen – Unterstützung bei ihrem nationalistischen Imia-Marsch erhalten hatten. Darüber berichteten antifaschistische Gruppen aus dem Vogtland auf ihrem Blog.

Ein Großteil der deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird aus Bayern kommen. Zuletzt hatte »Der III. Weg« dort vor knapp drei Wochen mit diversen Versammlungen zu dem Aufmarsch in Plauen geworben und dabei auf NS-Ästhetik und die »Reichsfarben« Schwarz-Weiß-Rot gesetzt.

Mit der Teilnahme der neonazistischen Partei »Die Rechte« kann dagegen nicht gerechnet werden. Die ruft für den 1. Mai ebenfalls zu einer Demonstration auf – in Erfurt. Ob die Parteien miteinander konkurrieren, ist ­jedoch unklar. Inhaltlich stehen sie sich nahe, sie verfolgen ähnliche Ziele und beide sind Nachfolgeorganisationen sogenannter freier Kräfte. Auszuschließen ist nicht, dass es Absprachen zwischen den Parteien in der Ortsauswahl gegeben hat. »Die Rechte« ist vor allem im Norden und Westen der Bundesrepublik aktiv, baut in Thüringen gerade einen Landesverband auf und versucht, von der dortigen Stärke der AfD mit ihrem Landesvorsitzenden Björn Höcke zu profitieren.

Nach Plauen mobilisiert auch das rechtsextreme »Antikapitalistische Kollektiv« (AKK). Der eigenen Website zufolge umfasst das AKK bundesweit bislang sechs Gruppen, vor allem in Ost- und Süddeutschland. Diese lehnen sich stark an das Konzept der autonomen Nationalisten an. Für den Aufmarsch am 1. Mai rufen sie zur Teilnahme an einem »antikapitalistischen Block« auf. Wie die Freie Presse berichtete, erwartet das sächsische Innenministerium 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Plauen. 2014 waren es allerdings mit 700 Personen weitaus mehr und auch »Time to act« rechnet mit einer höheren Zahl als 200.

Strategisch ist Plauen ein wichtiger Standort für die Partei. Die Stadt liegt in der Nähe der bayerisch-sächsischen Grenze. Seit zwei Jahren ist »Der III. Weg« in Plauen aktiv und betreibt dort nach eigenen Angaben ein rechtes Hausprojekt. Von der Kreisstadt aus soll die Partei auf das übrige Sachsen ausgeweitet werden.

Plauen hat sich aber nicht nur geographisch zu einem Bezugspunkt der extremen Rechten entwickelt. Seit Mitte September demonstriert dort die sich selbst als Bürgerinitiative bezeichnende Gruppe »Wir sind Deutschland« (WsD), die vom Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP) begrüßt wird. »Die Demonstrationen bilden den Durchschnitt der Bürger und der Region ab und heben sich qualitativ von anderen Städten ab«, sagte der Politiker der Welt. Er selbst habe einige der Veranstaltungen besucht. Der FDP-Kreisrat Sven Gerbeth hielt dort sogar eine Rede.

Die Initiative verortet sich selbst in der »Mitte«, sie sei »nicht ganz rechts, nicht ganz links, nicht ganz Gutmensch, nicht ganz Pack«. WsD-Mitgründer Michael Oheim sagte der Welt: »Ich war ärgerlich über die politische Situation und die mediale Berichterstattung.« Dazu gehöre für ihn nicht nur das Thema Flüchtlinge, auch wenn es einen Schwerpunkt bilde. »Die unfairen Meldungen über Russland, die Waffenexporte und dass die USA Atomwaffen in Deutschland stationieren«, seien weitere Kritikpunkte, die links klingen, aber immer häufiger von rechten Bewegungen vorgebracht werden.

So artikulieren denn auch die Reden bei den WsD-Kundgebungen meist die üblichen Ressentiments gegen Flüchtlinge. »Flüchtlingsfeindliche Beiträge mit großer inhaltlicher und sprachlicher Nähe zum Rechtsextremismus werden hier nicht nur geduldet, sondern beklatscht«, heißt es in einer Analyse des Portals »Netz gegen Nazis«.

Aufgetreten sind dort auch Redner wie der Verschwörungsideologe Ken Jebsen oder der rechte Youtuber Curd Schumacher, der unter Applaus forderte: »Merkel gehört hinter Gitter«.

An Bürgerversammlungen zu Asylunterkünften nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Initiative teil. Durch den rechtspopulistischen Charakter der Versammlungen schafft »Wir sind Deutschland« ein gesellschaftliches Klima, in dem »Der III. Weg« gedeihen kann. Bislang hat es die Partei zwar nicht geschafft, das ganze Potential des völkischen Mobs zu entfalten. Sie pro­fitiert jedoch davon, zu Veranstaltungen kann sie inzwischen bis zu 120 Personen versammeln.

Das Bündnis »Time to act« ruft zu einer Demonstration durch Plauen ab neun Uhr morgens auf. Sprecherin Leonhardt erklärte: »Wir wollen am 1. Mai eine inhaltliche Alternative zu Neo­liberalismus und nationaler Abschottung aufzeigen – die Überwindung von Staat und Kapitalismus zugunsten einer radikal demokratisch organisierten Gesellschaft.«