Das Bündnis »Revolutionärer 1. Mai« und der Antisemitismus

Volksfront gegen Israel

Teile des diesjährigen »Revolutionäre 1. Mai«-Bündnisses in Berlin-Kreuzberg erheben Forderungen nach einem »nationalen Sozialismus« und der »Abschaffung des Staates Israel«. Jutta Ditfurths Ökologische Linke ist deshalb aus dem Zusammenschluss ausgestiegen.

Eigentlich wünschen sich die Organisatoren der diesjährigen »Revolutionäre 1. Mai«-Demonstration in Berlin »grenzenlosen Widerstand gegen Krieg und Kapital«. Dennoch musste das Bündnis in der vergangenen Woche darüber diskutieren, wo die eigenen inhaltlichen Grenzen liegen. In einem Facebook-Post verkündete die Publizistin Jutta Ditfurth den Austritt ihrer Organisation »Ökologische Linke« aus dem Bündnis, dem sie jahrelang angehört hatte.
Kritisiert werden insbesondere die beiden antizionistischen Organisationen F.O.R. Palestine (»For One State and Return in Palestine«) und der Berliner Ableger der globalen BDS-Kampagne (»Boykott, Desinvestition, Sanktionen«). Zuletzt waren diese Gruppierungen aufgefallen, als sie Anfang März im Moviemento-Kino in Berlin-Kreuzberg den antiisraelischen Dokumentarfilm »Even though my land is burning« präsentierten (Jungle World 09/2016). Vor dem Kino beleidigten Unterstützer von BDS und F.O.R. Palestine auf antisemitische Weise die Teilnehmer einer Kundgebung gegen die Filmvorführung, einige zeigten auch den Hitlergruß.
F.O.R. Palestine fordert die Abschaffung des Staates Israel zugunsten einer »Einstaatenlösung« und spricht von einer »zionistischen Hegemonie« in Deutschland, die Israel »freie Hand für seine ethnische Säuberung Palästinas« lasse. Von »ethnischer Säuberung« ist auch seitens der BDS-Mitglieder die Rede. Sie fordern einen totalen Boykott des jüdischen Staats.
Nachdem vor zwei Wochen eine mündliche Abstimmung verhindert worden sei, so die Vertreter der Öko­logischen Linken, habe man vergangene Woche in vier schriftlichen Anträgen an das »Revolutionärer 1. Mai«-Bündnis einen Ausschluss von F.O.R. Palestine und BDS Berlin sowie von Personen oder Gruppen gefordert, die antisemitische Inhalte in die Demonstration selbst tragen würden. Dies sei, so Ditfurth, in den vergangenen Jahren Konsens in dem Bündnis gewesen.
In der Diskussion hätten sich Vertreter von F.O.R. Palestine für einen palästinensischen »nationalen Sozialismus« ausgesprochen, ohne dass ihnen widersprochen worden sei. Das berichtete Ditfurth gegenüber der Jungle World. Die Vertreter der Ökologischen Linken seien entsetzt von der »fanatischen Stimmung« gewesen. »Diese Form der verhetzt antisemitischen Diskussion hatten wir noch nie bei unserer Arbeit, so ein offener Hass gegen Israel ist wirklich erschütternd«, so Ditfurth.
Die Anträge seien mit großer Mehrheit abgelehnt worden, lediglich drei Gruppen hätten sich bei der Abstimmung enthalten, zwei davon aufgrund einer angeblich fehlenden gruppen­internen Entscheidung.
In einem später veröffentlichten Statement erklärte eine dieser Gruppen, die »Radikale Linke Berlin«, dass »das Vorbereitungsbündnis der revolutionären 1. Mai-Demonstration in Berlin nicht die richtige Instanz« sei, »um den Nahost-Konflikt zu lösen«. Außerdem weise man aufgrund des im Bündniskonsens festgeschriebenen Kampfes gegen Antisemitismus den »Antisemitismusvorwurf entschieden« zurück.
Der »Internationalistische Block« der Demonstration, dem sich BDS Berlin und F.O.R. Palestine angeschlossen haben, bezeichnete in einem inzwischen gelöschten Kommentar auf Facebook die Intervention der Ökologischen Linken als »zionistische (also nationalistische) Politik, die wir aufs Schärfste ablehnen«, und erklärte gleichzeitig die eigene Einreihung in eine »globale Linke«, die »den Staat Israel ablehnt«.
Auch in seinem Aufruf zum 1. Mai hatte der »Internationalistische Block« bereits eindeutig Stellung bezogen. ­Israel wird in eine Liste mit klerikalfaschistischen oder autoritären Regimen wie Saudi-Arabien, der Türkei, dem Iran und sogar dem »Islamischen Staat« eingereiht, obendrein solidarisiert sich der Block mit der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas), die in der EU und in den USA als Terrororganisatiom klassifiziert ist.
Die Ökologische Linke will nun bei der »Revolutionären 1. Mai-Demo« auf Flugblättern über den »antizionistischen Antisemitismus im 1. Mai-Bündnis aufklären«.