Koi Spaß im Ländle

Die bundesweite Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative« und lokale Bündnisse gegen rechts riefen am Samstag zu Aktionen gegen den Parteitag der AfD auf. Hunderte fanden sich am Morgen beim Messegelände ein, um zu demonstrieren. Der folgende Polizeieinsatz wurde von Augenzeugen als brutal und willkürlich beschrieben.
Mehr als 500 Protestierende wurden am Vormittag vorübergehend in Gewahrsam genommen. Insgesamt spricht die Polizei in Stuttgart von 460 Strafverfahren: wegen Landfriedensbruch, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Beleidigung, Nötigung, Körperverletzung und Widerstand.
Den Festgenommenen wurden der Gang zur Toilette, Getränke und Essen verweigert. Die Fixierung mit Kabelbindern wurde über Stunden nicht gelöst. Zugang zu einem Telefon, beispielsweise um Anwälte zu kontaktieren, wurde ebenfalls verweigert. Unter den Festgenommenen befanden sich laut Angaben der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten Union (DJU) auch Journalisten. In einer provisorischen Gefangenensammelstelle in einer leerstehenden Messehalle oder in Bussen warteten die Gefangenen gefesselt bis zu sieben Stunden auf eine Kontrolle. Eine Haftrichterin genehmigte den Gewahrsam bis 20 Uhr des Folgetags, also insgesamt bis zu 36 Stunden. Den Gefangenen wurden sämtliche persönliche Gegenstände, bis auf die Kleidung, abgenommen. Die Inhaftierten mußten sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung samt Körperkontrolle unterziehen. »Manche mussten ihre Unterhose öffnen, damit Polizeibeamte die Genitalien auf mögliche Beweismittel untersuchen konnten«, beschreibt ein Demonstrant die Praxis in der Halle. Die Festgenommenen wurden gefilmt und aufgefordert, ihre Schals, Sonnenbrillen und Kapuzen in verschiedensten Variationen anzuziehen und sich dabei ablichten zu lassen.
Fast alle Festgenommenen seien am Samstagabend in kleinen Gruppen entlassen worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Anzahl der verletzten Demonstranten war bis Redaktionsschluss noch unklar.