Der Führer gegen alle

Der »Führer der Nation« setzt zum nächsten Streich an. Im Dezember hat sich der tadschikische Präsident Emomalii Rahmon diesen Titel vom Parlament absegnen lassen, dazu lebenslange Immunität, also Schutz vor juristischer Verfolgung für sich und seine Familie. Im Januar unterstützte das Parlament dann eine Verfassungsänderung, die es dem seit 1992 an der Macht befindlichen »Führer der Nation« ermöglicht, so oft er will als Präsident zu kandidieren; bislang waren nur zwei Amtszeiten erlaubt. Nun soll die Bevölkerung des ärmsten Landes Zentralasiens dem Vorhaben in einem für den 22. Mai geplanten Referendum zustimmen dürfen – Widerspruch wird der 63jährige Autokrat kaum erwarten, Wahlen in Tadschikistan gelten seit langem als unfrei. Der Organisation »Reporter ohne Grenzen« zufolge liegt das Land zudem auf Platz 150 der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit, 34 Plätze tiefer als im Vorjahr. Die Opposition hat Rahmon so gut wie ausgeschaltet. Voriges Jahr wurde eine der wenigen Oppositionsparteien, die Islamische Partei der Wiedergeburt, als terroristisch eingestuft und verboten. Die freie Religionsausübung wird unter dem Vorwand des Kampfes gegen Islamismus stark eingeschränkt.
Überzeugende Beweise für eine terroristische Betätigung der Wiedergeburtspartei legte die Regierung nicht vor, zudem wird Rahmon allein durch Repression die Radikalisierung armer und perspektivloser Bevölkerungsgruppen nicht verhindern können. Der Kampf gegen Islamisten dient vor allem der Herrschaftssicherung seines Regimes. Die meisten tadschikischen Muslime, die über 90 Prozent der Bevölkerung ausmachen, vertreten einen gemäßigten Islam. Doch gibt es vor allem im Süden nahe der schlecht gesicherten, mehr als 1 300 Kilometer langen Grenze zu Afghanistan, über die auch Drogen geschmuggelt werden, immer wieder Gefechte zwischen islamistischen Gruppen und der Polizei. Hunderte Tadschiken sollen zudem im Ausland für die jihadistische Terrororganisation »Islamischer Staat« kämpfen. Angesichts von autoritärer Herrschaft, Islamismus, ökonomischer Krise und instabilen Nachbarstaaten gab die International Crisis Group jüngst eine Frühwarnung für Tadschikistan aus. Aus dem »Führer der Nation« könnte womöglich bald der nächste Bashar al-Assad werden.