Gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Italien werden nun anerkannt

Leiharbeit im Uterus

In Italien können gleichgeschlechtliche Paare nun eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Die Adoption von Kindern des Partners ist jedoch nicht vorgesehen und in der Debatte um Leihmutterschaft sind sich Katholiken wie Feministinnen häufig in ihrer Ablehnung einig.

Als das Ergebnis der Abstimmung per Megaphon über die Piazza schallte, brandete Applaus auf, doch unter den Frauen und Männern der römischen Lesben- und Schwulenbewegung, die vor dem Parlament im Regen ausgeharrt hatten, schien die Erleichterung größer als der Jubel. Seit den späten achtziger Jahren waren ein halbes Dutzend Gesetzesinitiativen zur rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zwar diskutiert, aber immer wieder abgeschmettert worden. Am Mittwoch vergangener Woche verband die Regierung die Abstimmung mit der Vertrauensfrage und sicherte somit einem im Februar im Senat ausgehandelten Minimalkonsens die entscheidende Mehrheit in der Abgeordnetenkammer.
Die nun beschlossenen unioni civili (»zivile Partnerschaften«) sind im Hinblick auf die materiellen Rechte und Pflichten, also in Unterhalts-, Renten- und Erbschaftsfragen, dem Ehestatus weitgehend gleichgestellt. Ihre Auflösung ist jedoch einfacher und schneller möglich als eine Ehescheidung, außerdem enthält die eingetragene Partnerschaft, anders als das Ehegelübde, keine »Verpflichtung zur Treue«. Problematisch ist, dass die in der ursprünglichen Gesetzesvorlage vorgesehene Möglichkeit zur Adoption des leiblichen Kindes des Partners oder der Partnerin aus dem Gesetz gestrichen wurde. Damit fehlt weiterhin eine einheitliche Absicherung für die bereits mit gleichgeschlechtlichen Eltern lebenden Kinder.
Trotz des Zugeständnisses an die katholischen Kritikerinnen und Kritiker, die Stiefkindadoption aus dem Gesetz zu streichen, kündigte eine Gruppe rechter Abgeordneter umgehend die Initiative für einen Volksentscheid zur Aufhebung des neuen Partnerschaftsrechts an. Matteo Salvini, Vorsitzender der Lega Nord, forderte die Bürgermeister seiner Partei auf, homosexuellen Paaren gegebenenfalls aus Gewissensgründen den standesamtlichen Ritus zu verweigern. Die Veranstalter des »Family Day«, die im Februar zur Verteidigung der traditionellen Familie mobilisiert hatten, drohten der Regierung, man werde sich bei den nächsten Wahlen ihres Verrats an der christlichen Wählerschaft erinnern.
Die zivilrechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare ist jedoch in der italienischen Gesellschaft längst mehrheitsfähig. Homophobe Ressentiments brechen sich dagegen in der Diskussion um die vorerst aufgegebene Stiefkindadoption und die befürchtete Ausweitung von Praktiken der Leihmutterschaft Bahn. Seit Monaten formiert sich gegen die »Gebärmutter-Vermietung« eine parteiübergreifende katholisch-feministische Protestfront.
Schon früh hat Innenminister Angelino Alfano die Leihmutterschaft zu einem »weltweiten Verbrechen« erklärt und zusammen mit der Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin zu einem »Kulturkampf für alle Frauen« aufgerufen. Die rechten Regierungsvertreter drängen darauf, das bereits bestehende Leihmutterschaftsverbot zu verschärfen und zukünftig auch den »Gebärmutter-Tourismus« mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen zu belegen. Parallel dazu unterstützt die aus der Anti-Ber­lusconi-Bewegung hervorgegangene liberaldemokratische feministische Gruppe »Se non ora quando« (Wann, wenn nicht jetzt) einen von der französischen Feministin Sylviane Agacinski initiierten und vor der Nationalversammlung in Paris vorgetragenen Appell für ein weltweites Verbot der Leihmutterschaft. Man dürfe weder zulassen, dass Frauen zu verfügbaren Objekten des freien Marktes, noch dass Kinder gekauft oder »verschenkt« würden; kein Mensch dürfe auf ein Mittel zum Zweck reduziert werden. Die feministische Philosophin Luisa Muraro, Mitbegründerin des Mailänder Frauenbuchladens, warnt davor, das Leihmuttergeschäft mit einer vermeintlich individuellen Wahlfreiheit zu rechtfertigen. Es gebe Wege, die die Zivilisation besser nicht beschreiten sollte. Als Beispiel führt sie die Eugenik an, deren gute Absichten sich in eine Monstrosität verkehrt hätten.
Andere, in den Massenmedien weniger präsente Autorinnen lehnen in der Tradition eines radikalen, von essentialistischen Mutmaßungen freien Differenzfeminismus jegliche Normierung im Namen oder zum Schutz »der Frauen« ab: weibliche Subjektivität dürfe nicht in Frage gestellt werden. In einem Themenheft der feministischen Literaturzeitschrift Leggendaria warnen sie vor einer Banalisierung der Schwangerschaftsmonate, ohne deshalb die Mutterschaft als »natürliches Gut« zu verklären. Betont wird vielmehr die Notwendigkeit der Anerkennung der irreduziblen Relationalität zwischen der Gebärenden und dem Baby sowie die Pluralität von Beziehungen, die jede Schwangerschaft begleitet, jenseits jeder rechtlichen Formalisierung. Aus dieser feministischen Perspektive wird auch der möglicherweise progressive Vorschlag der Radikalen Partei, entsprechend den gesetzlichen Regelungen zur Organspende Möglichkeiten der freiwilligen, unentgeltlichen »Schwangerschaft für andere« rechtlich zu garantieren, kritisch gesehen. Nicht zuletzt, weil auch er der Stigmatisierung jener Kinder, die in einer kriminalisierten Familienkonstellation geboren wurden, nicht entgegenzuwirken vermag.