Die Natur ist der Feind

The Witch. Neuengland, irgendwann zu Beginn des 17. Jahrhunderts: Eine puritanische Großfamilie verlässt die Siedlung, um sich fortan dem reinen Leben am Rande des Waldes zu widmen. Das Baby verschwindet auf rätselhafte Weise, im Sohn erwacht sexuelles Verlangen, dem Boden lässt sich nichts Nahrhaftes abringen und die Wildtiere machen einen Bogen um die Fallen. Was man unter dem Druck der beklemmenden Atmosphäre von »The Witch« schon nach zehn Minuten Spielzeit ahnt: Es wird nicht gut ausgehen. »The Witch« wurde als Horrorfilm mit realistischer Grundierung angekündigt, das Spielfilmdebüt des Regisseurs Robert Eggers basiere auf zeitgenössischen Erzählungen und Gerichtsdokumenten und soll obergruselig sein. So schlimm, dass neben diversen Kritikern selbst der abgehärtete Stephen King sich mit Schrecken über den Film äußerte. Und, vielleicht noch scheußlicher, haben auch die Teufelsanbeter der Sekte The Satanic Temple Gefallen an »The Witch« gefunden, wie Variety berichtete. Ja, letztlich seien unter anderem die Satanisten für die Einspielergebnisse des Films verantwortlich, meinte Vanity Fair. Aber Moment mal, welcher Film wurde denen gezeigt? Gruselig, ja klar. Aber so sehr zum Fürchten ist dieser abermalige Aufguss der alten Geschichte nun auch nicht. oko
Fanny Müller ist tot
Nachruf. Wenn man Fanny Müller einmal reden gehört hatte, ging einem die Stimme nie wieder aus dem Kopf. Sie war Lehrerin und schrieb ein schönes Hochdeutsch, aber diesen besonderen Hamburg-Sound hörte man aus den Satiren, in denen sie mit einer Nord-Variante buddhistischer Gelassenheit über Krankenheiten, Todesfälle und Mieterhöhungen berichtete, immer heraus. »Gar nicht ignorieren« war so ein typischer Fanny-Müller-Satz. Bürgerlich hieß sie Ingeborg Glock und war gelernte Hotelfachfrau. Später studierte sie Pädagogik, arbeitete in der Erwachsenenbildung und engagierte sich bei der Alternativen Liste, in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und bei den Grauen Panthern. Weder die Gastrofachkraft noch die Grüne schlugen in ihren mild vom Leben genervten Texten großartig durch. Als Kind ihrer Generation (Jahrgang 1941) war sie von der Frauenbewegung zwar nicht unbeeindruckt geblieben, Feminismus wurde von ihr allerdings als oft nicht alltagstauglich befunden. In der von jungen weißen Männern dominierten Titanic schrieb sie die elegant-böse Kolumne »Mit den Augen einer Frau«, für die Jungle World berichtete sie unter dem Titel »Fanny Müller über alles« aus dem Alltag einer Schanzenviertelbewohnerin. Fanny Müller ist in der vergangenen Woche im Alter von 74 in Hamburg gestorben. her
Helden oder Honks
Ausladung. Eben waren sie noch Helden, schon will sie keiner mehr haben. Die Eagles of Death Metal haben in den vergangenen Monaten einiges unternommen, um es vor allem denen schwer zu machen, die sie als Boten progressiver Lebensart sehen wollten. Jesse Hughes, der Sänger der Band, die am Abend der Anschläge von Paris auf der Bühne des Bataclan stand, sorgte mit seiner Unterstützung für Donald Trump und das Recht auf Waffenbesitz für Aufsehen – seine Vermutungen, Mitarbeiter des Clubs seien in das Attentat verwickelt gewesen, hatte er in der Zwischenzeit zurückgezogen. Was kein Grund ist, sie nicht nochmals zu äußern: In Taki’s Magazine spekulierte er, die Mörder seien mit ihren Waffen in den Club gelangt, weil ihnen womöglich von Sicherheitsleuten und Türstehen geholfen wurde. Er habe außerdem Muslime auf offener Straße das Massaker feiern sehen. Rock en Seine und Cabaret Vert, zwei der größten Festivals Frankreichs, haben die Band ausgeladen und eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Denn mit den Behauptungen, die Hughes aufstellt, stimmen die Organisatoren nicht überein. oko