Homestory

Montag, 23. Mai 2016, 12 Uhr: Während Heinz-Christian Strache, der fesche Oberanführer der FPÖ, eine Manipulation der Hochrechnungen für die Stichwahl zum österreichischen Bundespräsidenten zum Nachteil seiner Partei ausgemacht haben will, tut sich am Konferenztisch der Jungle World ein ganz anderer Verdacht auf. Eine Redakteurin berichtet: »Einige Exilösterreicher, die ich kenne, haben die Briefwahlunterlagen angefordert. Die sind aber nie angekommen.« Es folgt die Hypothese: »Wahrscheinlich sind doch die Österreicher, die im Ausland leben, weniger rechts als die österreichischen Österreicher. Wenn das überall so ist mit den Briefwahlunterlagen, fehlen dem Van der Bellen doch Stimmen.« Hat die FPÖ irgendeinen Weg gefunden, die heimatuntreuen Österreicher ihrer Stimmen zu berauben? Kassieren freiheitliche Postboten Behördenpost ein? Die Frage ist schwer zu beantworten, Basisrecherche tut not. Musste man für die österreichische Bundespräsidentenwahl nur einmal Unterlagen anfordern oder für die Stichwahl erneut? Die Homepage des österreichischen Bundeskanzleramts hilft weiter: Wer an der Stichwahl teilnehmen wollte, musste erneut eine Wahlkarte für die Briefwahl anfordern. Haben die vermeintlich ihrer Stimme beraubten Exilösterreicher diesen wichtigen Punkt vielleicht übersehen? Waren sie a bisserl deppat sogar? Vielleicht kann unsere österreichische Kollegin die Sache aufklären – wenn sie nicht gerade wieder eine Jause eingelegt hat, mit Blunzengröstl, einer Eitrigen, Buchteln und allem, was dazugehört. Doch siehe, sie sitzt am Schreibtisch und ist am Tschinageln, wie es sich gehört. Zum Thema Briefwahl sagt sie aber nur: »Ich habe nicht gewählt.« Das ist angesichts all der Aufregung um die politische Entwicklung in Österreich eine geradezu erfrischende Gleichgültigkeit, die auch die Redaktion schnell befällt. Und gewonnen hat am Ende ohnehin der Kandidat, den die Exilösterreicher gewählt hätten, deren Briefwahlmysterium nun nie aufgeklärt wird. Alles leiwand also. Zumindest hier in der Redaktion.