Teuflisches Vergnügen

Es ist ein ungewöhnliches Szenario, das Gisela Elsner in »Die teuflische Komödie. Eine Menschheitstragödie« schildert: Der Sozialismus ist nicht zusammengebrochen, sondern es ist den sogenannten Gleichmachern gelungen, weltweit die Macht zu ergreifen. Die Revolution hat gesiegt. Die Proleten, zum Ärger der führenden Volkskommissare, haben keine genauen Begriffe von Eigentum, Besitz und Kapital, die Luxusartikelboutiquen werden geplündert und das Proletariat kleidet sich in Nerz und Seide. Das Führungspersonal der ehemals herrschenden Klasse versteckt sich in einer Irrenanstalt, denn wer gefasst wird, muss mit Haft und einem Schauprozess der Gleichmacher rechnen. Möglicherweise mit noch Schlimmerem.
Ein Chirurg, der neben seiner Praxis ein Unternehmen leitet, das Hilfsmittel für Behinderte verkauft und eine Sargfabrik nebst Firma für Grabsteine betrieben hatte, wird von seinen verkrüppelten Patienten öffentlich zu Tode operiert, ein Weihbischof wurde von fanatischen Atheisten an ein Kreuz geschlagen, der Papst verbrannt und ehemalige Firmenchefs werden von Proleten an Hundeleinen durch die Stadt gezerrt. Selbst der Volkskommissar für Racheaktregulierung fühlt sich angesichts solcher Zustände verpflichtet, die Massen zur Mäßigung aufzurufen.
Elsner schildert mit teuflischem Vergnügen den Aufstand der Massen und den Niedergang der herrschenden Klasse. Als Protagonist dient der bestechliche Fernsehmoderator Benno Flex, der den Sieg der Kommunisten mit Skepsis und Zynismus verfolgt. So betreibt Elsner zwischen Komödie und Tragödie ein literarisch hintergründiges Spiel mit dem Leser, der sich zu einem eigenen Urteil gezwungen sieht.

Gisela Elsner: Die teuflische Komödie. Eine Menschheitstragödie. Verbrecher-Verlag, Berlin 2016, 320 Seiten, 16 Euro