Kurzmeldungen

Besser die Ruhe bewahren
Christoph Harting. Irritierend sei sein Verhalten gewesen. Peinlich, er habe sich »daneben benommen«, schrieb die Klatschpresse. An Respekt mangele es ihm, er sei arrogant – zumindest aber habe er sich nicht an die Regeln gehalten. Der Diskuswerfer Christoph Harting, der schon bei der Siegerehrung auffällig geworden war, weil er nicht stillstand, obwohl doch irgendwelche Hymnen gespielt wurden, war zunächst nicht sonderlich erpicht darauf, mit Vertretern der Presse zu sprechen. Seit der WM in Peking vor einem Jahr habe er alle Fragen und Interviewwünsche abgelehnt, heißt es. Und musste nun doch an der Pressekonferenz teilnehmen, auf der man ihn mit seinem Bruder Robert Harting verwechselte, der ebenfalls Diskuswerfer ist. Er sei »kein PR-Mensch«, sondern Sportler, betonte Harting. »Ich fühle mich hier völlig fehl am Platz«, entfuhr es ihm auf der Konferenz, außerdem müsse er vor keinem der Anwesenden besonders gut dastehen. Was vollkommen richtig ist. Und die Absurdität der Situation unterstrich. Wieso verpflichtet das Protokoll der Olympischen Spiele Medaillengewinner zur Teilnahme an einer Pressekonferenz? Wieso müssen Sportler ihren Gewinn erklären? Damit sie, wie in so vielen Fällen, ordentlich Allgemeinplätze von sich geben? Es wäre ja nicht auszudenken, was der Öffentlichkeit vorenthalten bliebe, wenn nicht jeder erfolgreiche Sportler vors Mikrophon gezerrt würde, ob er nun will oder nicht. oko
Unverhüllt zum Sonnenbad
Burkiniverbot. Künftig dürften sich Frauen im südfranzösischen Cannes nicht mehr im Burkini an den Strand legen. Die Ganzkörperbadeanzüge für muslimische Frauen sind damit tabu im Badeort an der Côte d’Azur. Cannes’ Bürgermeister David Lisnard erklärt den Nutzen des Verbotes so: Der Burkini sei die »Uniform des extremistischen Islamismus«. Und als solcher in seinen Augen untragbar. Auch im brandenburgischen Bad Saarow sorgte ein Schwimmbadbesuch von zwei Frauen im Burkini für Unmut anderer Badegäste: Die verhüllten Frauen wurden beschimpft und erstatteten deshalb Anzeige wegen Beleidigung. Anders als in Frankreich gibt es in Deutschland jedoch kein Burkaverbot und auch das Tragen eines Ganzkörperbadeanzuges steht jeder Frau frei, ob aus religiösen oder anderen Gründen. Vermutlich lässt sich das Verbot in Cannes mit der generell aufgeheizten Stimmung nach dem Anschlag von Nizza vor gut einem Monat erklären. Das Verbot entspringt einerseits einer gewissen Hilflosigkeit: Man hofft wohl, mit der Verhinderung islamisch konnotierter Mode die Bevölkerung zu beruhigen, ändert an den tatsächlichen Problemen wenig und stellt die Trägerinnen gleichzeitig unter Generalverdacht. Ein brachial durchgeboxtes Verbot wird bei diesen Frauen kaum auf Verständnis stoßen.
Unlogisch auch, warum sich Lisnard bei dem Verbot auf den Terroranschlag von Nizza beruft. In Nizza können sich musli­mische Frauen weiterhin unbehelligt im Burkini am Strand aufhalten. Offensichtlich will der Bürgermeister von Cannes nur Aktionismus und Schärfe demonstrieren. Zudem bewirkt ein solches Verbot mehr Kontrolle im öffentlichen Raum und das an der falschen Stelle. Künftig müssten am Strand entlang der Croisette Polizisten patrouillieren, um den Frauen 38 Euro abzuknöpfen, wenn sie die falsche Bekleidung tragen. In deutschen Innenstädten scheitert ein Burkaverbot wohl auch daran, dass man die zahlungskräftige arabische Kundschaft nicht verprellen möchte. Die wird nach dem Burkiniverbot in Cannes vermutlich einfach an anderen Stränden Urlaub machen. awa