Alle Hausangestellten sollen künftig legal arbeiten

Kontrolle ist besser

Der DGB hat der Schwarzarbeit im Haushalt den Kampf angesagt. Statt auf die Organisierung von Hausangestellten setzt er jedoch auf staatliche Maßnahmen.

Sauberkeit muss sein: Ungefähr 3,6 Millionen Haushaltshilfen arbeiten einer im August veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge in deutschen Privathaushalten. Die meisten von ihnen, etwa 80 Prozent, sind nicht angemeldet und arbeiten illegal. Etwas mehr als 300 000 Haushaltshilfen waren bei der sogenannten Minijob-Zentrale gemeldet. Ihnen droht, wie den illegal arbeitenden Kolleginnen und Kollegen auch, die Altersarmut. Denn bei diesem Tätigkeitsmodell wird nur ein minimaler Betrag in die Rentenversicherung eingezahlt. 20 000 Haushaltshilfen gingen ihrer Arbeit offiziell als Selbständige nach. Dem stehen lediglich 43 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Privathaushalten gegenüber.
Diese Zahlen nahm der DGB zum Anlass, um für sein neues Konzept »Arbeitsplatz Privathaushalt – Gute Arbeit ist möglich« zu werben. Zentrale Idee ist, die Beschäftigung von Haushaltshilfen durch professionelle Dienstleister stärker zu bezuschussen. In Zukunft sollen dem DGB zufolge nicht mehr diese Dienstleistungsunternehmen die Sozialversicherungsbeiträge der Beschäftigten bezahlen, sondern der Staat. Mit dieser Querfinanzierung in Milliardenhöhe sollen legale Beschäftigungsformen die Schwarzarbeit eindämmen.
Nach den Plänen des DGB könnten Haushalte weiterhin selbst Hilfspersonal beschäftigen. In solchen Fällen soll der Staat die gesamten Beiträge zur Rentenversicherung, also etwa die Hälfte der Sozialbeitragslast, übernehmen. Im Gegenzug soll die Förderung von Minijobs in Privathaushalten, die bisher nur eine reduzierte Pauschale für Steuern und Sozialabgaben zahlen mussten, abgeschafft und Schwarzarbeit auch dort wesentlicher strenger verfolgt werden. Zudem befürwortet der DGB Kontrollen durch Zollbeamte sogar in Wohnungen. Dies ist nach geltendem Recht jedoch gar nicht möglich, wie die Behörde selbst zum Thema Kontrollen gegen Schwarzarbeit auf ihrer Homepage schreibt: »Ein Betretensrecht für Wohnraum besteht aufgrund des grundgesetzlich geschützten Bereichs der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) nicht, auch wenn er teilweise geschäftlich genutzt wird.«
Nicht zum ersten Mal setzen deutsche Gewerkschaften auf staatliches Eingreifen statt auf gewerkschaftliche Organisierung, um gegen oftmals von Migranten und Migrantinnen ausgeübte illegale Beschäftigung vorzugehen. Bekannt wurde vor allem die Kampagne »Ohne Regeln geht es nicht« der IG Bau gegen Schwarzarbeit im Baugewerbe, die sich in erster Linie gegen osteuropäische Arbeitskräfte richtete. Hauptforderungen der 2004 begonnenen Kampagne waren verstärkte Baustellenkontrollen und die Einrichtung einer Telefon-Hotline, bei der illegale Beschäftigung auf Baustellen kostenlos gemeldet werden sollte. Die über die Hotline eintreffenden Informationen gab die IG Bau an staatliche Stellen weiter. Denunziert wurden meist ausländische Beschäftigte. Während diese verhaftet und häufig abgeschoben wurden, kamen die ertappten Unternehmen meist mit einem Bußgeld oder einer Ermahnung davon. Das Ziel, die Schwarz­arbeit einzudämmen, erreichte die IG Bau mit dieser Kampagne nicht. Stattdessen wurden Rassismus und die Ausgrenzung illegalisierter Beschäftigter befördert.
Dennoch ging die Zahl illegaler Beschäftigungsverhältnisse insgesamt zurück. Denn die Vorteile der Schwarzarbeit für Arbeitgeber – geringere Kosten und höhere Flexibilität – wurden im Zuge der Agenda 2010 einfach auf legale Beschäftigungsverhältnisse übertragen. Durch Minijobs, Leiharbeit und Werkverträge verlor die mit gewissen Risiken verbundene Schwarzarbeit in zahlreichen Branchen an Notwendigkeit. Diese Form des Kampfes gegen die Schwarzarbeit, der auch von den Gewerkschaften unterstützt wurde, hat zur Entstehung einer Schicht von working poor beigetragen.
Die Hausarbeit blieb, wie die aktuelle Studie des IW zeigt, ein Bereich, in dem informelle Beschäftigungsverhältnisse und schlechte Arbeitsbedingungen weiterhin dominieren. Ein Grund hierfür ist sicher auch der mangelnde Wille deutscher Gewerkschaften, Hausangestellte zu vertreten. Deren Arbeitssituation bringt zudem einige Probleme mit sich, die gewerkschaftliche Zusammenschlüsse erschweren. So haben nicht wenige migrantische Haushaltshilfen keine Arbeitspapiere und sind daher aus Angst vor Strafen oder Ausweisung häufig nicht in der Lage, sich gegen schlechte Arbeits- und Lohnbedingungen zu wehren. Damit gehen oftmals geringe Sprachkenntnisse und fehlendes Wissen über die Gewerkschaften und das Arbeitsrecht in Deutschland einher. Zudem arbeiten Haushaltshilfen isoliert in privaten Häusern, was wenig Kontakte zu anderen Arbeitnehmern mit sich bringt.
All dies würde auf solcherart Beschäftigte zugeschnittene gewerkschaftliche Angebote erfordern. Die DGB-Gewerkschaften zeigen aber nur geringes Engagement. Zwar gibt es immer wieder Versuche, illegalisierte migrantische Beschäftigte anzusprechen. Sie bleiben jedoch regional begrenzt. So existieren die Beratungsstellen »Faire ­Mobilität«, an denen sich auch der DGB beteiligt und die eine arbeits- und ­sozialrechtliche Erstberatung für ausländische Beschäftigte anbieten, bisher nur in sechs Städten.
Dabei zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern, dass die kollektive Organisierung von Hausbediensteten erfolgreich sein kann. In Bolivien beispielsweise haben sich inzwischen mehr als 130 000 Hausangestellte zusammengeschlossen und mehr Arbeitsrechte erkämpft. Auch in Europa gibt es gelungene gewerkschaftliche Initiativen. In Italien richtete die Gewerkschaft Filcams in etlichen Städten Büros ein, in denen Treffen für Hausbedienstete stattfinden. Da die meisten Hausangestellten in Italien zurzeit Migranten sind, bietet die Gewerkschaft Informationen in verschiedenen Sprachen an. Gegenwärtig zählt sie etwa 10 000 Hausangestellte zu ihren Mitgliedern. In den Niederlanden begann der größte Gewerkschaftsbund FNV im vergangenen Jahrzehnt, gezielt migrantische Haushaltshilfen ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus zu organisieren. Vor kurzem gelang es diesen, den Zugang zum niederländischen Gesundheits­wesen für Arbeitskräfte ohne Papiere zu erkämpfen.
Viele Gewerkschaften – zum Beispiel in Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Schweden und der Schweiz – bieten Hausangestellten kostenlose Leistungen wie Informations- und Beratungsdienste an. Im Mittelpunkt aller bisher erfolgreichen Versuche, Hausangestellte zu organisieren, stand die Beteiligung der Betroffenen und die Orientierung an deren Bedürfnissen – ein Weg, den die DGB-Gewerkschaften bisher nicht gehen wollen. Sie setzen statt auf Einbindung der illegal Beschäftigten weiterhin auf Regulierung und Kontrolle durch den Staat.