Antifaschisten protestieren gegen die »Imperium Fighting Challenge« in Leipzig

Nazis angezählt

Das ist doch nur Sport – so zumindest stellten sich die Veranstalter der »Imperium Fighting Challenge« in Leipzig öffentlich dar. Antifaschisten protestierten dennoch gegen das Kampfsporttreffen.

Der große Schlagabtausch war eigentlich für Samstagabend vorgesehen, drinnen wie draußen: Während in der Leipziger Veranstaltungshalle »Kohlrabizirkus« diverse Kampfsportler während der fünften »Imperium Fighting Championship« (IFC) aufeinander einprügeln sollten, hatte eine antifaschistische Initiative zur Gegendemonstration vor der Tür aufgerufen, da ihrer Ansicht nach Rechtsextreme an der Freefight-Veranstaltung beteiligt waren. Tatsächlich verlief der Abend jedoch erstaunlich ruhig. Stattdessen war es in den Tagen zuvor turbulent zugegangen.
Auf dem Gelände eines Autohauses, das Luxuslimousinen der Marke Jaguar verkauft, waren in der Nacht zu Mittwoch vergangener Woche sieben Wagen abgebrannt. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 280 000 Euro. Auf Indymedia begründeten die mutmaßlichen Täter den Brandanschlag mit der finanziellen Unterstützung des Autohauses für die IFC. Bereits einige Wochen zuvor hatte eine Kampagne begonnen, die dem Kreis der Veranstalter der IFC vorwarf, »eine von bekannten Neonazis durchsetzte Vereinigung« zu sein. Mehrere antretende Kämpfer sollen Medienberichten zufolge am Angriff auf den linksalternativen Stadtteil Connewitz am 11. Januar beteiligt gewesen sein. Während einer Legida-Großveranstaltung in der Innenstadt hatten damals mehr als 200 Neonazis einen ganzen Straßenzug verwüstet.
Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen kam es am Vorabend der IFC-Veranstaltung erneut zu einem Angriff, diesmal auf den im »Kohlrabizirkus« beheimateten Club »Institut für Zukunft«. Dieser vermeldete in der Nacht zu Samstag eine Attacke von 20 bis 30 Nazis, die versucht hätten, in die Räumlichkeiten einzudringen. Die Leipziger Polizei hingegen bestritt, dass es einen solchen Angriff gegeben habe. Stattdessen wies ein Sprecher auf »Aktivitäten der linksextremen Szene« hin. Dabei berief er sich auch auf die Aussagen von Security-Mitarbeitern. Pikanterweise soll sich ein Gesellschafter der Sicherheitsfirma Medienberichten zufolge im Januar ebenfalls am Überfall in Connewitz beteiligt haben.
Die antifaschistische Demonstration am Samstagabend begann mit einigen hundert Teilnehmern und wuchs auf dem Weg durch Connewitz und die benachbarte Südvorstadt auf etwa 1 000 Menschen an. Die Polizei blieb zunächst auf Abstand, zeigte jedoch in der Umgebung des »Kohlrabizirkus« starke Präsenz. Dort verweilten die Antifaschisten eine gute Stunde lang. Mehrere Redebeiträge widmeten sich den Hintergründen der Kampfsportveranstaltung, rechtsextremen Bandenstrukturen und der Fanszene von Lokomotive Leipzig, der bekannte Kampfsportler wie Benjamin Brinsa angehören und die für die Veranstaltung warb.
In der Nähe des Eingangs zum Veranstaltungsgelände versuchten zur gleichen Zeit Journalisten, einen Blick auf die Besucher zu werfen. Dabei entdeckten sie unter anderem einen Beteiligten des Naziangriffs in Connewitz und einen Ordner von Legida, der Anfang Juli vor seiner Wohnung südlich von Leipzig zusammengeschlagen worden war. Ein Besucher trug ein T-Shirt mit der Aufschrift »Rowdys Eastside«. Ein Aufkleber mit identischem Wortlaut befand sich auf einem Auto, das am 11. Januar am Stadtrand geparkt worden war und dessen Insassen einem MDR-Bericht zufolge an den Ereignissen in Connewitz beteiligt waren.
Wie es sich für eine rechtsextreme Klientel gehört, wuchs vor dem »Kohlrabizirkus« sehr schnell der Unmut über die Anwesenheit der Presse. Ein Besucher warf eine Glasflasche. Ein Journalist wurde am Arm getroffen. Der Werfer konnte anhand von Fotos schnell identifiziert werden. Als sich die Demonstration wieder in Bewegung setzte und den Eingangsbereich passierte, flog eine weitere Flasche. Ein antifaschistischer Demonstrationsticker schrieb auf Twitter, der Wurf sei nicht unbeantwortet geblieben. Wie genau die Reaktion aussah, wurde jedoch nicht mitgeteilt. Direkt vor dem Zugang zum Veranstaltungsgelände blieben die Teilnehmenden für einige Minuten stehen und lieferten sich vereinzelt Wortgefechte mit Besuchern der IFC.
Insgesamt verlief die Demonstration ohne größere Zwischenfälle. Kampagnensprecherin Laura Ende zog ein positives Fazit: »Wir haben heute mit 1 000 Menschen ein klares Signal an die rechten Kampfsport- und Hooligan-Strukturen gesendet. Wer alternative Projekte, People of Color und andere Menschen angreift, hat mit unserem entschlossenen Widerstand zu rechnen.« Als Erfolg kann die Kampagne auch verbuchen, dass dank der öffentlich gemachten Ergebnisse der Recherchen zur IFC zwei Sponsoren ihre Unterstützung wieder zurückzogen.
Am späten Samstagabend sorgte noch eine Bombendrohung für Aufsehen. Ein Twitter-User namens »boomboomifc« schrieb kurz nach 22 Uhr: »Wir beenden die IFC heute mit einem großen Knall 22.45 Uhr.« Zu diesem Zeitpunkt lief die Veranstaltung noch. Im April hatte es schon eine Bombendrohung gegen den örtlichen Pegida-Ableger Legida gegeben. Damals hatte die Polizei den Versammlungsort geräumt. Diesmal kam es weder zu der von dem Verfasser offenbar erwünschten Evakuierung noch zu der angekündigten Explosion. Die Polizei ergriff lediglich nicht näher beschriebene »Maßnahmen«.
Ab 23 Uhr verfolgten Antifaschisten an Ort und Stelle sowie auf Twitter die Abreise des Publikums. Dabei kam es offenbar mehrmals zu Böllerexplosionen und Gesängen wie »Antifa, Hurensöhne«. Zudem soll ein bekannter Nazi mit einer Gaspistole unterwegs gewesen sein. Die Meldungen betrafen verschiedene Stadtteile, auch einen weit im Westen gelegenen. Verletzte gab es nach bisherigen Erkenntnissen nicht. Ob es in absehbarer Zeit wieder nötig sein wird, gegen eine Kampfsportveranstaltung zu protestieren, hängt in erster Linie davon ab, ob andere Veranstaltungsorte dem schlechten Beispiel des »Kohlrabizirkus« folgen werden, der trotz aller Kritik an der Veranstaltung festgehalten hatte. Vielleicht möchte sich dieser aber auch als dauerhafte Einrichtung für rechte Großveranstaltungen einen Namen machen.
Antifaschisten können in Leipzig jedenfalls vorerst zum Alltag zurückkehren. Der heißt: Legida. Bereits für den kommenden Montag ist eine weitere Legida-Demonstration angemeldet. Während der unmittelbare Protest gegen den Leipziger Pegida-Ableger schon seit geraumer Zeit überwiegend vom Bürgertum der Stadt getragen wird, haben sich etliche Linksradikale der Antifa-Kampagne »a monday without you« angeschlossen. Deren Ziel ist es, rechtsextreme Funktionäre und Zusammenschlüsse sichtbar zu machen. Das Interesse daran hält sich jedoch in Grenzen: An den bisherigen vier Demonstrationen beteiligten sich jeweils zwischen 50 und 100 Personen. Die Organisatoren äußerten öffentlich bereits mehrfach ihre Enttäuschung über den geringen Zulauf. Die Veranstaltung am kommenden Montag soll sich dem unter anderem für Legida und die NPD tätigen Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter widmen. Vielleicht zieht dieser Name ja mehr Teilnehmer an.