Scheitern im Paradies

Be careful what you wish for – der große Traum könnte nämlich zwar in Erfüllung gehen, aber ganz anders als gedacht. Und so ist auch zu vermuten, dass der offenkundig wohlhabende Rentner aus der Generation der hobbylosen, karrierefixierten Männer, sich die Sache mit der Eigentumswohnung direkt an einem deutschsprachigen Meer doch ganz anders vorgestellt hatte. »Und dann werde ich dort den ganzen Tag auf dem Balkon sitzen und Falschparker anblaffen, hach, das wird schön«, dürfte damals, als der Erwerb des Apartments anstand, jedenfalls als großes Ziel für die Zeit nach der Pensionierung nicht in seinen Träumen vorgekommen sein. Nun aber macht er genau das – warum, ist nicht zu eruieren. Vielleicht hatte er die Langweiligkeit eines typischen Urlaubsorts mit genau einer Strandpromenadenhauptstraße und einer überschaubaren Anzahl an Freizeitvergnügen unterschätzt, vielleicht hatten er und seine Frau auch vergessen, den Tod einzukalkulieren, der den Freundeskreis mit den Jahren dezimieren würde. Nun sitzt der Mann jedenfalls auf seinem Balkon und blafft Autofahrer an, die ihre PKW auf den als Privatparkplätze gekennzeichneten Flächen vor dem Haus abstellen. Dabei sind es nicht mal seine, sein Auto wohnt im Innenhof, aber das spielt für ihn offenkundig keine Rolle. Unermüdlich blafft er Worte wie »Parkverbot!« und Sätze wie »Können Sie nicht lesen?« und droht mit Polizei und Abschlepp­unternehmen. Die von oben herab Angemeckerten reagieren allerdings durchweg nicht mit Dankbarkeit und Demut, sondern eher so wie ein Hamburger des Typs Junglude: »Digga, ein Anruf bei meinen Freunden und du fliegst vom Balkon«, erklärte der kurz und knapp, was zu viel weiterem Geblaffe führte, das aber sicherheitshalber nur noch gemurmelt wurde. Be careful what you wish for halt.