Dinge, die man nicht wissen möchte

So schlecht waren sie nicht, die Zeiten, als man nicht wusste, wie fremde Leute nackt aussehen, mit wem sie Sex haben und was sie über die großen Themen der Zeit, sagen wir: denken. Weitgehend unbelästigt konnte man damals an guten Tagen still für sich dasitzen und sich Illusionen machen, zum Beispiel, dass die Weltbewohner vielleicht doch mehrheitlich ganz in Ordnung sein könnten. Könnten. Seit jedoch zu allem anderen Elend auch noch Wahl­tage zu Social-Media-Gesinnungsausstellungen wurden, ist das vorbei. Ein Wahltag fängt nämlich – natürlich – nicht mit der Öffnung der Stimmabgabelokale an, sondern beginnt schon Wochen vorher mit flammenden Bekenntnissen von Parteimitgliedern zu ihren Parteien, gern auch verbunden mit Handyfotos vom Plakatekleben, und selbstverständlich mit Aufforderungen, unbedingt diese Partei zu wählen. Weil kennt man ja, Stimmberechtigte an sich sind viel zu dusselig, sich selber zu überlegen, was sie wählen wollen, sondern machen ihre Entscheidung davon abhängig, dass ein Twitter- oder Facebook-Account ihnen sagt, was sie zu tun haben. Der Wahltag an sich besteht dann darin, dass sich Parteimitglieder und -anhänger bis zur ersten Prognose online verhalten wie eine Horde sehr euphorischer Fußballvereinfans, worüber man noch hinwegsehen könnte, wären da nicht die Wahlzettelfotos. In aller Regel leicht verwackelt zeigen sie, wo die Kreuze gemacht wurden, was von ausgesprochen begrenzter Unterhaltsamkeit ist, zumal wenn sie von Leuten geknipst wurden, die aus ihrer Vorliebe für SPDCDUGRÜNELINKEusw noch nie ein Geheimnis gemacht hatten. Immerhin, jetzt wird erst mal eine Weile nicht mehr gewählt. Es sind die Kleinigkeiten, für die man dankbar sein muss.