Homestory

Eine Familienpackung Taschentücher liegt seit Tagen in der Jungle-Küche. Das ist praktisch, denn aus allen Räumen niest und hüstelt es bereits. Die Heizungen sind zwar entlüftet und langsam füllen sich die Eiszimmer mit Wärme, aber vor den fiesen November­viren sind auch wir nicht gefeit. Dabei gehen vier von fünf Arbeitnehmern sogar erkältet zur Arbeit. Das hat jedenfalls neulich eine sehr seriöse Studie behauptet. Bei uns ist es nicht anders. Und da sind wir auch echt tolerant. Bei uns darf jeder krank sein und die anderen schön daran teilhaben lassen.
Daher tauschen sich auch alle Geplagten über die besten Behandlungsmethoden und die wirkungsvollste Prävention aus. Tee trinken, Sport machen, Sauna besuchen oder einfach die Kollegen bei den Redaktionssitzungen meiden. »Bist du erkältet?« fragt die Redakteurin aus dem Feulleton vorsichtig abgewandt. »Ich setz mich mal besser woanders hin … « Eine Kollegin wurde sogar in ihrem Urlaub, an ihrem Geburtstag, krank und postete statt Bildern von rauschenden Festen nur Schnappschüsse von Nudelsuppe und Nasenspray.
Gerade was den Schnupfen angeht, kann sogar von einem gewissen Expertentum in der Redaktion die Rede sein. Da gibt es die Verweigerer: Mit Medikamenten dauert der Schnupfen eine Woche – ohne sieben Tage. Die Ökos: Jeden Morgen Nasendusche! Die Pragmatiker: Kortison schafft alles. Und die Terminatoren: Unters Messer und Nasenscheidewand korrigieren! Aber die größten Sorgen machen sich die Kolleginnen und Kollegen, die mit laufender und wundgeschnäutzter Nase durch die schlecht beleuchteten Gänge der Redaktion schlurfen. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn man mit der rot leuchtenden Nase versehentlich für einen Gruselclown gehalten würde. Denn da herrscht hier nämlich zero tolerance!