»Nicht unsere Aufgabe, Wahlergebnisse vorherzusagen«

Ob AfD, Trump oder »Brexit«: Umfrageinstitute haben vor wichtigen Abstimmungen mit ihren Prognosen zuletzt oft danebengelegen. Während einige Beobachter die Methodologie der Institute kritisieren, sagen andere, dass Meinungsumfragen die Demokratie beschädigten. Die Jungle World sprach darüber mit Manfred Güllner, Geschäftsführer des Umfrageinstituts Forsa.

Waren Sie überrascht, als Sie vergangene Woche vom Wahlergebnis in den USA erfahren haben?
Die Institute lagen gar nicht falsch. Hillary Clinton hat deutlich mehr Stimmen geholt als Herr Trump. Nur hat sie weniger Wahlmännerstimmen. Das politische System in den USA ist immer für solche Überraschungen gut. Man darf die Umfrageinstitute in den USA nicht beschimpfen, die Clinton richtigerweise an Stimmen national vorne sahen.
Das heißt, Sie waren von Ihren Kollegen nicht enttäuscht, die Clinton fälschlicherweise schon als Siegerin sahen?
Nein, denn das war ja korrekt. Clinton liegt vor Trump bei den Stimmen. Nur im komplizierten Wahlmännersystem ist es so, dass jemand, der nicht von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt wurde, Präsident werden kann.
Es ist nicht das erste Mal, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Daten von Demoskopen und den Endergebnissen gab. Es gab eine Mehrheit für den EU-Austritt Großbritanniens, obwohl die meisten Umfrageinstitute das Gegenteil erwartet hatten. Die AfD schnitt in den vergangenen Landtagswahlen oft besser ab als vorausgesagt. Wozu braucht man die Institute eigentlich noch?
Es ist nicht unsere wichtigste Aufgabe, Wahlergebnisse hervorzusagen. Wir wollen die Beweggründe der Menschen aufzeigen, die zu ihrem Wahlverhalten führen. Das ist viel mehr als die simple Vorhersage einer Stimmenverteilung auf die Parteien. Es ist auch nicht so, dass man hier völlig falsch gelegen hätte. Wenn Sie an die letzten Bundestagswahl denken, hatten wir bei Forsa eine Abweichungssumme von rund fünf Prozentpunkten über alle Parteien hinweg. Da kann man nicht genauer sein.
Es gibt Stimmen, die sagen, dass Meinungsumfragen für den Wahlausgang und für die Demokratie schädlich seien.
Das ist ein Mythos, dennoch wird es immer wieder behauptet. Auch von Leuten, die wenig Ahnung haben. Die veröffentlichten Umfragen haben überhaupt keinen Einfluss auf das Wahlverhalten. Das zeigen alle empirischen Untersuchungen. Um am Beispiel der USA zu bleiben: In Kalifornien wird aufgrund der Zeitverschiebung später gewählt als an der Ostküste. Doch noch nie hat das Wahlverhalten in Florida das der Menschen in Kalifornien beeinflusst.
Gilt das auch für Deutschland?
Ja. Diese Einflüsse gibt es hier ebenso wenig. Wenn in einem Wahlkreis die Abstimmung wiederholt werden musste, weil ein Kandidat gestorben ist, zeigte sich dort trotz des Vorliegen des Bundeswahlerergebnisses derselbe Trend wie bei der Wahl insgesamt. Zuletzt haben wir das in Dresden gesehen.
Demoskopen werden oft für ihre Methode der Telefonumfrage kritisiert. Sie kontaktieren die Leute vorrangig via Festnetztelefon, obwohl viele nur noch ein Mobiltelefon besitzen.
Bei der letzten Bundestagswahl riefen wir aus wohlerwogenen Gründen nur Festnetznummern an. Am Ende hatten wir die geringste Abweichung unter allen Umfragen. Das Problem ist also keines. Nichtsdestotrotz beobachten wir das Kommunikationsverhalten genau und rufen auch Mobilnummern an, sofern es erforderlich ist.
Und nun die Sonntagsfrage: Welche Partei würden Sie wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären?
Das muss ich doch nicht sagen.