Trump Bump

Wo sind das Großkapital und die Analysten, wenn man sie mal braucht? Hätten nicht wenigstens einige warnende Stimmen erklingen, Rating-Agenturen die USA herabstufen können? Zwar fielen die Börsenkurse, sobald deutlich wurde, dass Donald Trump die Wahl gewinnen würde, doch schnell stiegen sie wieder. »Es scheint so, als wären vielleicht einige Konjunkturausgaben auf dem Weg und möglicherweise einige Steuersenkungen und weniger Regulierung«, erläutert Robert Johnson, Analyst des Finanzinformationsdienstes Morningstar, den »Trump Bump«. Das transition team des zukünftigen Prä­sidenten hat angekündigt, dass der Dodd-Frank-Act, eine der wenigen nach der Finanzkrise beschlossenen Regu­lierungsmaßnahmen, aufgehoben werden soll. Endlich kann man nach Jahren der Gängelung wieder nach Belieben Finanzderivate zusammenbasteln. Wen interessiert da noch, dass Trump nicht gleichzeitig die Steuereinnahmen senken, die Staatsausgaben erhöhen und die Schulden reduzieren kann? Für Logik und Weitblick war der Markt noch nie zuständig.
Doch auch für die Geschäftswelt gilt: You better listen. Trump hat angekündigt, mit störrischen Unternehmern und Managern ähnlich umzugehen wie sein Vorbild Wladimir Putin mit den russischen Oligarchen. Wer nicht spurt, soll ins Weiße Haus vorgeladen und von den Vorzügen der Produktion in den USA überzeugt werden. Man darf annehmen, dass bei solchen Treffen auch die Drohung lock them up im Raum steht – und Straftatbestände dürften sich angesichts der Geschäftspraktiken von Großunternehmen eher aufspüren lassen als bei Hillary Clinton. Ein langfristiges Wachstumsmodell ist das zwar nicht, potentiell aber ein Mittel im Kampf gegen missliebige Oli­garchen. Jeff Bezos, dem neben Amazon unter anderem die Washington Post gehört, wurde von Trump bereits ein Verfahren angedroht. Bezos gehört wie Mark Zuckerberg zu den »Globalisten« aus dem Silicon Valley, für deren Reaktion auf den Wahlsieg Trumps der Start-up-Investor Dave McClure repräsentativ sein dürfte: »What is fucking wrong with you if you’re not pissed right now?« Es geht ums Geschäft, die angekündigte Migrations- und Handelspolitik widerspricht ihren Interessen, doch zeigen die fortschrittlicheren Oligarchen – mit Peter Thiel, dem Mitbegründer von Paypal und Facebook-Investor, hat Trump dort auch einen prominenten Unterstützer – etwas mehr Weitblick als durchschnittliche Kapitalisten. Love trumps hate ist eine vage Hoffnung, our billions trump your billions ist eine Strategie. Vereint können die »Globalisten« des Silicon Valley genug Kapital aufbringen, um etwa Trumps Wende in der Klimapolitik – sein Wirtschaftsberater Stephen Moore lehnt die »stalinistischen Regulierungen« des Pariser Abkommens ab – zu stören, sie haben bereits die Breakthrough Energy Coalition zur Förderung erneuerbarer Energieträger gegründet. Der culture war wird nicht nur auf den Straßen, sondern auch ­innerhalb der Bourgeoisie ausgetragen werden.