»Ein unbequemer Ort«

Am 7. Dezember soll die Bezirksverordnetenversammlung von ­Berlin-Neukölln über die Errichtung eines Gedenkorts für den 2012 ermordeten Burak Bektaş abstimmen. Die Jungle World hat mit ­Ulrike Schmidt von der »Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.« gesprochen.

Wären mit einem positiven Beschluss der Neuköllner Bezirks­verordnetenversammlung Ihre Forderungen erfüllt?
Mit dem Gedenkort setzen wir den Wunsch von Buraks Mutter in die Tat um. Damit ist die Idee verknüpft, dass es ein unbequemer Ort wird, der daran erinnert, dass die zentrale Forderung der Angehörigen nach konsequenter Aufklärung bis heute nicht erfüllt ist. Ein politischer Wille, dies zu ändern, ist nicht ersichtlich. Hinweisen in Richtung eines rassistischen Hintergrunds wird unzureichend nachgegangen. Der Gedenkort setzt dementsprechend keinen Endpunkt, sondern wird den Druck auf die Behörden erhöhen und die Forderung nach Aufklärung verstärken.
Sie wollen bis zum Jahresende 15 000 Euro für den Gedenkort sammeln. Wäre es nicht eine Forderung an die Politik, sich an der Finanzierung zu beteiligen?
Über die Website gedenkort-fuer-burak.org sammeln wir Spenden von Einzelpersonen und sind für jeden Euro dankbar. Darüber hinaus sprechen wir türkisch-deutsche Unternehmen, NGOs, Vereine und Personen des öffentlichen Lebens an, sich finanziell an der Verwirklichung zu beteiligen. Doch wir schreiben nicht nur Briefe und klopfen an Türen: Vom 2. bis 4. Dezember werden wir mit Familie Bektaş selbstgemachte Spezialitäten auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt verkaufen, der Erlös fließt in den geplanten Gedenkort. Mit einer Forderung an die Politik zur Finanzierung wäre der geplante Gedenkort viel schwieriger durchzusetzen. Im Vordergrund steht für uns, dass die Gestaltungshoheit über das Mahnmal bei den Angehörigen liegt. Die Finanzierung über Spenden sichert uns politische Unabhängigkeit.
In den vergangenen Monaten gab es bei der Suche nach dem Mörder von Burak Berichte über Spuren in die rechte Szene. Wird weiter in diese Richtung ermittelt?
Am 20. September 2015 kam es in Berlin-Neukölln zu einem weiteren Mord. Der 62jährige Nazi Rolf Z. erschoss den Briten Luke Holland vor einer Bar, in der er sich zuvor darüber aufgeregt hatte, dass dort kaum noch Deutsch gesprochen werde. Die Anwälte der Familie Bektaş entdeckten, dass der mittlerweile verurteilte Z. bereits in den Ermittlungsakten zum Mord an Burak als Tatverdächtiger auftaucht. Dieser Spur wurde nicht weiter nachgegangen und im Gerichtsverfahren weigerte sich der zuständige Richter, Zusammenhänge zwischen den beiden Morden zu untersuchen.
Was ist im April 2017 zum fünften Jahrestag des Mordes an Burak Bektaş geplant?
Dass die Polizei fünf Jahre nach dem Mord keine Ermittlungs­ergebnisse liefern kann, ist gerade angesichts der Erfahrungen mit dem NSU-Komplex ein politischer Skandal. Neben den Forderungen nach Aufklärung und nach Konsequenzen aus den unzureichenden Ermittlungen unterstützen wir die Familie Bektaş darin, einen Umgang mit dieser unerträglichen Situation zu finden. Dazu gehört die Grundsteinlegung für den Gedenkort am 4. April 2017 genauso wie die damit verbundene Mahnung, dass dieser Mord bis heute nicht aufgeklärt ist.