Die AfD hat 735 Fragen an die sächsische Landesregierung gestellt

Die AfD hat ein paar Fragen

Renitente Senatoren, die im US-Kongress die Verabschiedung eines Gesetzes hinauszögern wollen, machen zuweilen Gebrauch von der Möglichkeit des Filibusters. Kritiker dieser Marathonrede, die ­beliebig lange dauern kann, bemängeln, dass sie den parlamentarischen Betrieb lähme und in erster Linie einer fundamentalistischen Opposition nütze.
Zermürbender Abstimmungstaktiken, die dem Filibuster in ihrer Funktion nahekommen, hat sich zuletzt auch die »Alternative für Deutschland« (AfD) in verschiedenen Situationen bedient. Im sächsischen Landtag hat die AfD-Fraktion eine Große Anfrage an die Landesregierung gestellt. Was es mit den Lügenmedien in Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf sich habe, möchten die Rechtspopulisten da ganz genau wissen – in Form von 735 Fragen, wenn man alle Unterpunkte einbezieht. Es ist ein Papier, das sich wie eine durch halbherzige Rülpser unterbrochene Stammtischdiskussion darüber liest, was für ein unfassbarer Dreck mal wieder im Fernsehen läuft. Erfahren möchte die AfD unter anderem, wieso es immer mehr Wiederholungen gebe. Und ob die Regierung des Freistaats wisse, wie oft junge Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren Radio hörten. »Es wirkt wie das unbereinigte Ergebnis eines Brainstormings oder wie ein Versuch, die Verwaltung der Landesregierung lahmzulegen«, heißt es über die Anfrage auf dem Blog »Teilchen« bei Zeit Online.
Unterzeichnerin der Großen Anfrage ist die Abgeordnete Kirsten Muster – in Vertretung von Frauke Petry. Die Bundesvorsitzende ­Petry muss derweil brainstormen, wie sie den sich verschärfenden Machtkampf in der Parteiführung gewinnen kann. Ihr Kovorsitzender Jörg Meuthen befindet sich ohnehin schon auf der Verliererstraße. Zur Bundestagswahl wird er nicht antreten, den Vorsitz des baden-württembergischen AfD-Landesverbands hat er abgegeben. Wie fies der als »gemäßigt« geltende Meuthen gemobbt wird, beschreibt der Spiegel: »Auf einer Pressekonferenz wird er bloß als Landeschef präsentiert und Frauke Petry als Bundeschefin. Auf Bühnen kann es vorkommen, dass sie einen Tisch für sich hat, während er sich seinen mit Vorstandskollegen teilt.«
Alexander Gauland und Björn Höcke dürften für Petry härtere innerparteiliche Gegner sein. Während die Vorsitzende als alleinige Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf ziehen will, bringt Gauland eine Variante ins Spiel, mit der mehrere AfD-Politiker möglichst hohe Ergebnisse sichern sollen. Mit dabei: Björn Höcke, der beurlaubte Gymnasiallehrer aus Thüringen, der in seiner Freizeit gerne über genetisch bedingte Fortpflanzungsstrategien schnackselnder Afrikaner doziert. »Dass Björn Höcke zu diesem Team gehört, kann ich mir sehr gut vorstellen, denn er vertritt einen großen Teil der Partei«, sagte Gauland der Nachrichtenagentur DPA. Selbst wer wenig vom intellektuellen Format des 75jährigen Publizisten hält, muss zugestehen: Der Mann kennt seine Partei.