die Handelspolitik ­Donald Trumps

Ein Nein genügt nicht

Der von Donald Trump angekündigte Rückzug aus der Transpazifischen Partnerschaft ist nur der Auftakt für einen handelspolitischen Rollback. Ein linkes Gegenkonzept gibt es bislang nicht.

Im Ratespiel »Das kann er doch nicht wirklich tun, oder?« schafft Donald Trump mehr Klarheit. Bei Wahlkampfversprechen, die er bestätigt, kann man davon ausgehen, dass er sie nach der Amtsübernahme am 20. Januar zu erfüllen versuchen wird. Während manche Vorhaben wie die angekündigte Deportation von zwei bis drei Millionen Migranten auf rechtliche und institutionelle Hindernisse stoßen werden, steht Trump beim Rückzug aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) nichts im Weg. Bereits am ersten Tag im Amt will er eine entsprechende Anordnung erlassen.
Überrascht kann nur sein, wer, wie linksnationalistische Chlorhähnchenkritiker und wirtschaftsliberale Traumtänzer, die sich als Transatlantiker missverstehen, die US-Debatte ignoriert hat. Die sogenannten Freihandelsverträge, die weniger dem Abbau von Zöllen als der Absicherung von Auslandsinvestitionen und der Verbesserung der Kapitalverwertungsbedingungen auf Kosten von Lohnabhängigen und Umwelt dienten, waren ein Projekt der von Bill Clinton geführten New Democrats, die 1993 Nafta durchsetzten. Das republikanische Establishment machte mit, doch bei der rechten Parteibasis war der Freihandel immer unpopulär. Sie blieb noch ruhig, als George W. Bush die Politik Clintons mit einer Reihe unspektakulärer Abkommen fortsetzte, organisierte jedoch den Widerstand, als Barack Obama sich anschickte, über TPP und TTIP zu verhandeln.
Die Tea-Party-Bewegung sprach von einem »gezielten Angriff auf Wirtschaft, Konsumentenrechte und einheimische Gesetze« und einem »Ausverkauf« amerikanischer Interessen. 2014 verbündete sie sich sogar mit den Gewerkschaften, um zu verhindern, dass Obama über TPP ohne den Kongress verhandeln konnte (fast track authority). »Dies ist eines der Themen, über das 90 Prozent der Linken und der Rechten sich einig sind«, stellte Judson Phillips, Präsident der Tea Party Nation, damals fest. Das hätten aufgeklärte Linke als Warnung verstehen müssen.
Es gibt Unterschiede zwischen rechter und linker Kritik an den neuen Freihandelsabkommen, so hält die Tea Party nichts von hohen Standards im Arbeits- und Umweltrecht. Doch keeping jobs in the U.S., die zentrale Forderung von Bernie Sanders, ist auch das Anliegen Trumps. Linke Demokraten und Gewerkschaften verbreiten keine Hassparolen gegen Ausländer, aber es gab nie Bemühungen, eine gemeinsame Politik mit linken Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in anderen Ländern zu erarbeiten.
Es wäre höchste Zeit, das nachzuholen. Hillary Clinton hat sich nur unter dem Druck der Linken in ihrer Partei von der wirtschaftsliberalen Freihandelspolitik verabschiedet. Nach dem 20. Januar wird es aber nicht mehr um ein Moratorium gehen, das die derzeit geltenden, keineswegs handelsfeindlichen Regeln vorläufig festschreiben würde. Trump hat deutlich gemacht, dass er in der Außenpolitik alle Machtmittel der USA einsetzen will. Er will »bilaterale Handelsabkommen aushandeln, die Arbeitsplätze und Industrien zurückbringen« – also nicht nur, wie die Linksnationalisten fordern, den industriellen Bestand erhalten, sondern einen Rollback in Gang setzen.
Obwohl noch unklar ist, wie das erreicht werden soll, muss diese Drohung ernstgenommen werden. Ökonomische Erpressung wird das mindeste sein, was die mexikanische Regierung zu erwarten hat, wenn Trump Nafta »neu verhandeln« will. Der Rückzug aus der TPP begünstigt China, dem sich die anderen Vertragsstaaten nun als zweitstärkster Macht annähern. Wenn Trump es jedoch ernst meint mit dem Handelskrieg gegen die »Vergewaltigung unseres Landes« durch China, wird die Lage brisant.
Die Demokraten und die außerparlamentarische Linke sind darauf nicht vorbereitet. Ein »Nein« oder ein »Ja, aber« genügen nicht mehr. Kosmopolitischer Globalismus kann von den Demokraten nicht erwartet werden. Doch ein sozialdemokratischer Internationalismus – etwa eine Verknüpfung von Demokratisierungs- und Handelspolitik, die Entwicklung transnationaler demokratischer Institutionen zur Festlegung von Standards sowie ein globales Konjunkturprogramm – wäre an sich die logische Ergänzung der diversity-Politik im Inland. Der affirmative action für arme Länder steht allerdings der Patriotismus, der globalen Demokratisierungspolitik die kulturrelativistisch-isolationistische Scheu vor Interventionen im Weg. Und der Countdown läuft.