Nach den Kommunalwahlen in Niedersachsen schwächelt die AfD

Bei Hampel unterm Sofa

Nach der für die AfD enttäuschenden Kommunalwahl in Niedersachsen rumort es an der Parteibasis. Zudem werden immer mehr Mandats- und Funktionsträger der Partei wegen ihrer Nähe zur extremen Rechten kritisiert.

Derzeit beginnen in Niedersachsen die fünfjährigen Amtszeiten deren gewählten Kommunalpolitiker. Die AfD will unter dem Motto »Liebe zu unserer Heimat« Politik machen. Dabei meinte es die »Heimat« nicht immer gut mit ihr. Es war ein harter Kommunalwahlkampf für die niedersächsische AfD. Während die Politiker der anderen Parteien meist in Ruhe ihre Wahlwerbung in den Fußgängerzonen verteilen konnten, gestaltete sich dies für die AfD-Kandidaten vielerorts schwierige. Diverse lokale antifaschistische Initiativen protestierten gegen AfD-Wahlkampfstände, so dass diese oftmals nur unter Polizeischutz und mit wenig Wirkung aufgestellt werden konnten. Neben friedlichen Protesten kam es auch zu militanten Angriffen. In Celle beispielsweise musste eine geplante Veranstaltung mit der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry abgesagt werden, nachdem Unbekannte nachts den Veranstaltungsort verwüstet hatten. In der Nordseestadt Cuxhaven versuchte ein 33jähriger sogar, einen AfD-Stand in Brand zu setzen – in Anwesenheit der Kandidaten.
Dabei hatte die Partei ohnehin schon genug Probleme vor der Wahl. In manchen Wahlbezirken bekam sie nicht die notwendigen 30 Unterstützungsunterschriften für ihre Kandidaten zusammen. Oftmals traten Kreistagskandidaten nicht an ihrem Wohnort, sondern in einem anderen Wahlbereich an. Die Klagen vieler AfD-Funktionäre über die »heftige Abneigung« und fehlende »Chancengleichheit« änderten am Ende nichts am für die Partei enttäuschenden Wahlausgang. Landesweit kam sie im September auf lediglich 7,8 Prozent. Damit blieb sie hinter ihren eigenen Erwartungen zurück, schließlich hatte sie ein zweistelliges Ergebnis als Ziel ausgegeben.
Doch statt sich mit oft trockenen Themen wie Straßenbeleuchtung oder Schulwegsicherung zu befassen, sieht sich so mancher frisch gewählte AfD-Abgeordnete unangenehmen Fragen zu seinen Kontakten zu Rechtsextremen ausgesetzt. So muss sich der AfD-Landesvorsitzende Armin-Paul Hampel, der in den Kreistag von Uelzen einzog, derzeit dafür rechtfertigen, dass er dem NDR zufolge einer Einladung des extrem rechten »Arbeitskreises für deutsche Politik e. V.« folgte und dort einen Vortrag hielt. Nach Angaben des niedersächsischen Verfassungsschutzes zieht der Verein Personen »aus rechtskonservativen bis offen rechtsextremistischen Kreisen« an. Hampel steht damit in einer Reihe mit Größen des rechtsextremen Milieus wie den Holocaust-Leugner Horst Mahler und NPD-Politiker wie Udo Pastörs, die in der Vergangenheit bei dem Verein auftraten.
Hampels Uelzener Fraktionskollege Maik Hieke fiel kürzlich ebenfalls durch die Teilnahme an einer fragwürdigen Veranstaltung auf. Der AfD-Politiker gab zu, Ende April auf dem »völkischen Maitanz« in Bienenbüttel erschienen zu sein, an dem auch NPD-Politiker und ehemalige Mitglieder der mittlerweile verbotenen »Wiking-Jugend« teilgenommen hatten. Dem niedersächsischen Verfassungsschutz zufolge dient die Veranstaltung der Gemeinschaftspflege völkischer Siedler. Es handele sich um das größte Treffen von Rechtsextremen in Norddeutschland, berichtete der NDR. Hieke dagegen sprach dem Sender zufolge lediglich von einem »Tanzvergnügen«.
Ähnliche Meldungen hatte es bereits vor der Wahl gegeben. So sorgte Stephan Bothe, mittlerweile Fraktionsvorsitzender der AfD im Lüneburger Kreistag, für Gesprächsstoff, weil er ein Propagandavideo der rechtsextremen Identitären Bewegung in sozialen Netzwerken als »toll« bezeichnet und verschiedene Seiten der Identitären mit »Gefällt mir« markiert hatte. Bothe wies alle Vorwürfe von sich und behauptete gegenüber dem Lokalblatt Elbe-Jeetzel-Zeitung, es gehe lediglich darum, »einen erfolgreich arbeitenden AfD-Politiker zu diskreditieren«.
Für Aufsehen sorgte auch das Verhalten der AfD bei der Konstituierung einiger kommunalen Räte. Im Stadtrat von Celle ergatterten CDU-Politiker nur dank der Stimmen der AfD Ämter, wie zum Beispiel das des stellvertretenden Bürgermeisters. Die SPD empörte sich, doch der Landesverband der CDU billigte die informelle Abstimmgemeinschaft mit der AfD. Dem CDU-Generalsekretär Ulf Thiele zufolge habe man sich in Celle »völlig korrekt« verhalten. Auch andernorts gibt die AfD nicht die Fundamentalopposition. Im Rat der Stadt Cuxhaven beispielweise wurden die neuen ehrenamtlichen Bürgermeister einstimmig mit den Stimmen der AfD-Fraktion gewählt, was im Ort durchaus zu Stirnrunzeln führte. Immerhin hatte die AfD im Wahlkampf noch auf Plakaten aggressiv damit geworben, die etablierten Parteien müssten »weg« und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ebenfalls. Ganz typisch verhält sich die AfD dagegen im Braunschweiger Stadtrat. Dort beantragte sie einen Baustopp für noch nicht fertiggestellte Flüchtlingsunterkünfte. Außer ihr stimmte dem Antrag niemand zu.
Auch an der Parteibasis der AfD Niedersachsen scheint es heftig zu rumoren. Wie die Taz berichtete, verärgerte Hampel viele Funktionäre, als er im September auf einem geheimen Parteitag erreichen wollte, den Anteil, der den Kreisverbänden aus den Mitgliedsbeiträgen zufließt, in Krisenzeiten zugunsten des Anteils für den Landesverband deutlich zu senken. Dies misslang jedoch ebenso wie Hampels Versuch, den ultrakonservativen Vertriebenenfunktionär Wilhelm von Gottberg zu seinem Stellvertreter zu machen.
Ohnehin trauen Hampel und die Seinen dem einfachen AfD-Sympathisanten offenbar nicht allzu viel Kompetenz zu: Vor den Kommunalwahlen sah man sich wegen satirischer Kommentare im Internet dazu genötigt, die Anhängerschaft daran zu erinnern, den Wahlzettel doch bitte nicht zu unterschreiben.