die Enthaltung der USA bei der Abstimmung über die israelische Siedlungspolitik im UN-Sicherheitsrat

Das falsche Signal

Die Enthaltung der USA bei der Abstimmung über die israelische Siedlungspolitik im UN-Sicherheitsrat schadet den Bemühungen um eine Zweistaatenlösung.
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Ob aus fehlgeleitetem Idealismus, Eitelkeit oder Selbstüberschätzung – zahlreiche westliche Politiker bemühten sich am Ende ihrer Amtszeit oder danach um die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Bestenfalls fungieren sie als prominente Briefträger wie der ehemalige britische Premierminister Tony Blair, meist aber geben sie desillusioniert auf wie Bill Clinton, der seine Präsidentschaft gerne als Friedensstifter beendet hätte, während Yassir Arafat es vorzog, die al-Aqsa-Intifada zu beginnen. Man könnte daraus lernen. Doch auch US-Präsident Barack Obama und sein Außenminister John Kerry glauben, zum Abschluss ihrer Amtszeit wenigstens das geben zu müssen, was man in der Politik ein Signal nennt.
Aber wem? Sieht man davon ab, dass Bauaktivitäten in der Westbank vielleicht nicht das dringlichste Problem im Nahen Osten darstellen, bezeichnet die nach antiisraelischem Ritus am 23. Dezember im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution sämtliche Siedlungen als Gefahr für den Frieden, während von anderen Gefahren, etwa durch den Terror der Hamas, nicht die Rede ist. Angesichts dessen hätte ein Veto der USA keine Zustimmung zur derzeitigen israelischen Siedlungspolitik bedeutet.
Es ist zu hoffen, dass die Siedlungen in der Westbank irgendwann einmal zu einem Hindernis für den Frieden werden – das würde nämlich voraussetzen, dass auf palästinensischer Seite ausreichende Kompromissbereitschaft vorhanden ist. Die territoriale Aufteilung dürfte dann nicht exakt alten Waffenstillstandslinien entsprechen. Im Jahr 2008 bot der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert 93 Prozent der Westbank sowie Gebiete östlich des Gaza-Streifens als Kompensation an – die palästinensische Autonomiebehörde lehnte ab. Als Olmerts Nachfolger Benjamin Netanyahu im folgenden Jahr die Siedlungsaktivitäten für zehn Monate unterbrach, förderte das die palästinensische Verhandlungsbereitschaft nicht.
Hingegen hat Israel 1982 nach dem Friedensschluss mit Ägypten die Siedlungen im Sinai geräumt und sich 2005 aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen. Yes, they can – dass der Rückzug aus Gaza mit Raketenbeschuss beantwortet wurde, hat jedoch ebenso wie das Fortdauern des auch von der Fatah ermutigten Terrors zur Verhärtung der politischen Positionen in Israel beigetragen. Größer als die Zahl der nationalreligiösen Rechten, die die Westbank annektieren wollen, ist die der Israelis, die nicht mehr an eine Zweistaatenlösung glauben und deshalb den Erhalt des Status quo befürworten.
Wer es ernst meint mit der Zweistaatenlösung, muss in der Siedlungsfrage differenzieren und klarstellen, dass das Hindernis im Friedensprozess der palästinensische rejectionism ist, die Weigerung, einen jüdischen Staat zu akzeptieren. Der Verzicht der USA auf ein Veto hat denjenigen Israelis geschadet, die die Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung nicht aufgegeben haben, und bringt kompromissbereite Palästinenser in die missliche Lage, für die Aufgabe von Territorien argumentieren müssen, die ihnen selbst von den USA zugesprochen wurden.
Die US-Regierung verweist zu Recht darauf, dass die militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Israel besser denn je ist, und andere Präsidenten haben Israel stärker unter Druck gesetzt als Obama. So verzögerte George H. W. Bush 1991 Kreditgarantien, um die Friedensverhandlungen in Madrid zu erleichtern. Bei Obama und Kerry hingegen ist ein politisches Ziel nicht erkennbar. Einen Friedensplan gibt es nicht, keine arabische Regierung muss besänftigt oder belohnt werden, um sie an den Konferenztisch zu bringen. Überdies hat die US-Regierung auch Donald Trump einen Gefallen getan. Der zukünftige Präsident twittert proisraelisch, wird aber vermutlich im Rahmen einer Vereinbarung mit Russland eine iranische Militärpräsenz an der syrisch-israelischen Grenze legitimieren. Die Chancen, gemäßigte Republikaner für ein gemeinsames Vorgehen gegen Trumps Russland- und Syrien-Politik zu gewinnen, sind nun gesunken.