Europäische Rechtspopulisten unterstützen die AfD-Vorsitzende Frauke Petry

Europas Rechte am Deutschen Eck

Rechtspopulisten aus mehreren Ländern haben am Wochenende mit einer Konferenz in Koblenz das »Jahr der Patrioten« eröffnet. Trotz Unterstützung von Geert Wilders und Marine Le Pen bleibt Frauke Petry in der AfD allerdings umstritten.

Koblenz am Samstagmorgen gegen acht Uhr: Es ist bitterkalt, die Stadt schläft noch. Nur um die Rhein-Mosel-Halle ist bereits etwas los. Polizisten stehen an den Gittern rund um die Mehrzweckhalle. Einzelne Beamte tragen Maschinenpistolen. Nur wer eine Einladung zur Konferenz der Europaparlamentsfraktion »Europa der Nationen und der Freiheit« (ENF) vorzeigen kann, darf passieren. Die letzte Kontrolle ist das nicht, vor den Eingängen werden Taschen und Rucksäcke durchsucht. Drinnen folgen Kontrollen mit Metalldetektoren. Diese werden bedient von Sicherheitsmännern, denen man die sächsische Herkunft anhört. Drinnen passiert zunächst wenig. Journalisten haben ihren Platz auf einer Empore über dem Saal. In den Saal selbst dürfen Pressevertreter nicht hinein. Und so bleibt erst mal nichts anderes übrig, als zu beobachten. In der Halle werden Schilder zum Hochhalten auf den Stühlen verteilt. Darauf stehen die Namen der Redner, denen zugejubelt werden soll. Bei den Frauen sind es die Vornamen – Frauke und Marine –, bei den Männern die Nachnamen. Der AfD-Nachwuchs schmückt derweil die Wände der Halle mit den Fahnen der europäischen Länder. Manche Fahnen werden, da sie nur mit etwas Klebeband befestigt sind, schon bald wieder zu Boden fallen.
Im Laufe des Morgens kommen immer mehr Konferenzgäste an. Prominenz aus der AfD ist nicht zu sehen. Unter den Gästen ist die ehemalige Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling, die mit ihrem Bündnis »Fortress Europe« europäische Rechtsextreme zu vernetzen versucht. Mit den einfachen Besuchern ins Gespräch zu kommen, ist nicht leicht. Ordner stehen überall bereit und ermahnen Journalisten, keine Interviews zu führen. In zwei Fällen werden Reporter deswegen aus dem Kongress­zentrum geschmissen. Zuvor hatte der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell, der als deutsches Mitglied der ENF-Fraktion zu der Konferenz eingeladen hatte, einzelne Journalisten und die sogenannten GEZ-Medien, also öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radiosender, für unerwünscht erklärt. Christian Lüth, Pressesprecher der Bundes-AfD, behauptete zwar schnell, die Bundespartei sei nicht für die Konferenz verantwortlich und man selbst pfelge einen fairen Umgang mit Journalisten. Doch angesichts der Tatsache, dass AfD-Bundessprecherin Frauke Petry der Star der Veranstaltung war, wirkte die Distanzierung wenig glaubwürdig.
Mit fast einstündiger Verspätung ist es dann so weit, vor dem Saal bauen sich stramme junge Männer und Frauen mit den Nationalfahnen europäischer Staaten auf. In der Halle wird es dunkel, blaue Scheinwerfer flackern durch den Raum. Zur bombastischen Musik des griechischen Komponisten Vangelis betreten die Anführer des europäischen Rechtspopulismus den Saal. Die etwa 700 Gäste in der Halle jubeln euphorisch.
Als erster Redner tritt Pretzell auf. Im EU-Parlament war der Ehemann von Frauke Petry aus der gemäßigt rechten Fraktion der Konservativen und Reformer ausgeschlossen worden und zur rechtspopulistischen ENF gewechselt. Hilfe bei der europäischen Vernetzung der AfD erhielt er vor allem von der österreichischen FPÖ. Ein Gipfeltreffen auf der Zugspitze und Besuch von der FPÖ in Düsseldorf hatte Pretzell schon organisiert. In Koblenz ist die AfD nun endgültig in die Gemeinschaft der europäischen Rechtspopulisten aufgenommen worden. Pretzell selbst spricht nur kurz, er macht sich über die ausgeschlossenen Journalisten lustig, lobt den neuen US-Präsidenten Donald Trump als den wahren Verhinderer von TTIP und nennt Deutschland ein Sicherheitsrisiko für Europa. Dafür erntet Pretzell Beifall und lautstarke »Lügenpresse«-Rufe.
Mit einer Aussage sorgt Pretzell bei einem Teil der Besucher allerdings für Unmut. Er bezeichnet Israel als Vorbild im Kampf gegen den islamistischen Terror. Mehrere Zuschauer buhen daraufhin, einer, der wüst pöbelt und Israel ein »Verbrecherregime« nennt, wird von Ordnern aus der Halle gezerrt. Zum Thema Antisemitismus gibt es in der AfD keine einheitliche Position. Auch aus den Reihen von FPÖ und Front National kam es in der Vergangenheit immer wieder zu antisemitischen ­Äußerungen.
Auf Pretzell folgt Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National, die als künftige französische Präsidentin angekündigt wird. Sie spricht über die Präsidenten der USA und Russlands, Donald Trump und Wladimir Putin. Nun stehe auch in Europa der Wandel an. Die Politik der Zukunft werde vom Patriotismus bestimmt, Europa werde nun erwachen. 
Anschließend redet ­Geert Wilders, dessen PVV aus den niederländischen Parlamentswahlen im März als stärkste Partei hervorgehen könnte. Er spricht auf Deutsch und lobt die AfD: Sie habe das politische Klima im Land seit seinem letzten Auftritt in der Bundesrepublik vor sechs Jahren stark verändert. Wilders’ Hauptthema ist der Islam und die angebliche Überfremdung Europas. Den europäischen Institutionen müsse ein Ende bereitet und das »Joch der politischen Korrektheit« endlich abgelegt werden. Auch Harald Vilimsky von der FPÖ, Matteo Salvini, der Vor­sitzende der norditalienischen Lega Nord sowie weitere Rechtspopulisten aus Belgien, Tschechien und Groß­britannien halten Ansprachen.
Petry wird von ihren Vorrednern durchweg als Deutschlands zukünftige Bundeskanzlerin bezeichnet. Vilimsky etwa freut sich, mit »Deutschlands mächtigstem Mann« befreundet zu sein, Pretzell nämlich, der bald an der Seite der »wunderbaren Frauke Petry« im Kanzleramt sitzen werde. Petry selbst bleibt in ihrer Rede blass und akademisch, sie erhält deutlich weniger Applaus als Wilders und Le Pen.
In der AfD dürfte die Kür Petrys zur Kanzlerkandidatin noch für Streit ­sorgen. Über die Spitzenkandidatur soll erst beim Bundesparteitag im April entschieden werden. Einige Mitglieder des Bundesvorstands präferieren die Aufstellung eines Spitzenteams ohne die explizite Kanzlerkandidatin. Wie fragil die Position der Parteivorsitzenden ist, zeigte Anfang der Woche auch der Eiertanz um ein Ausschlussverfahren gegen den thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, für das Petry angeblich eine Mehrheit im Bundesvorstand hatte, das dann aber doch nicht eingeleitet wurde. Ob die Unterstützung von Le Pen, Wilders und Co. sich mittelfristig positiv auf Petrys Stellung in ihrer Partei auswirkt, dürfte auch von den Ergebnissen der Wahlen in Frankreich und den Niederlanden abhängen.