Der neue King-Kong-Film

Die Einsamkeit der Tropen

Kugelhagel statt Liebesrausch – in »Kong – Skull Island« zieht das große Zottelmonster in den Dschungelkrieg.

Man kann ihn verstehen, diesen Berg von einem Affen. Er lebt auf einer bezaubernden, auf keiner Karte verzeichneten Insel. Dank seiner imposanten Körpergröße ist er noch dazu der König des idyllischen Fleckens. Alles könnte so ruhig und schön sein – kämen nicht Menschen mit Helikoptern, Bomben, Napalm und allerlei Schusswaffen. Das hält nicht einmal der gutmütigste Riesenaffe aus, weshalb am Ende deutlich weniger Menschen die Insel verlassen, als anfangs eingeflogen wurden.
Der Grundkonflikt in »Kong – Skull Island« lässt sich schnell zusammenfassen: Wer kann grimmiger gucken, der Riesenaffe Kong oder Lieutenant Colonel Preston Packard (Samuel L. Jackson)? Den 118minütigen stare down contest gewinnt zwar der Mensch – nichts und niemand kann grimmiger gucken als Jackson –, er überlebt die kriegerische Auseinandersetzung dennoch nicht. Packard ist Kommandeur einer US-amerikanischen Hubschraubereinheit. Der Vietnam-Krieg ist gerade verloren, da soll Packard mit seinen Soldaten ein Häuflein Wissenschaftler auf das soeben entdeckte Skull Island bringen. Nach der ersten blutigen Begegnung mit dem Affen steht für den Kommandeur fest: Der Krieg gegen den Vietkong ist verloren, deshalb muss wenigstens im Krieg gegen Kong ein Sieg her. So stolpern die Soldaten aufs Neue durch eine Dschungelhölle.
Dass »Kong – Skull Island« vor allem ein Kriegsfilm beziehungsweise die Persiflage eines Kriegsfilms ist, zeigt sich nicht nur in der mit ironischen Dialogen gesättigten Handlung. Der Anflug der Hubschrauberstaffel im Sonnenuntergang ist eine stilsichere Reminiszenz an Francis Ford Coppolas »Apocalypse Now«. Statt Richard Wagners »Ritt der Walküren« kommt allerdings ein Song von Black Sabbath aus den Lautsprechern. Manche Szenen erinnern an Oliver Stones »Platoon«, jedoch ohne dessen Pathos. Ein Motiv vieler Kriegsfilme zerlegt »Kong – Skull Island« ganz nebenbei: Der sich aufopfernde soldatische Held wird auf eine elegante und amüsante Weise von der Leinwand gefegt, wie es von einem als Blockbuster konzipierten Film nicht unbedingt zu erwarten ist.
Trotz all der Kriegsszenen bleibt der Film des Regisseurs Jordan Vogt-Roberts auch ein Monsterfilm. Das liegt vor allem am imposanten Hauptdarsteller. Kong setzt die Affenikonographie fort, die Merian C. Cooper 1933 mit »King Kong und die weiße Frau« begründet und die auch die Neuverfilmungen von 1976 und 2005 geprägt hat. Noch dazu gibt es auf Skull Island weitere Monster: Riesenspinnen, Riesenkraken, Riesenheuschrecken, Riesenwasserbüffel, Riesenameisen. Nicht zu vergessen: Riesenechsen. Böse Riesenechsen. Um diese zu besiegen, verbünden sich einige einsichtige Menschen mit Kong. Er rettet zum Dank die weibliche Hauptfigur (Brie Larson).
Doch anders als in den vorangegangen Verfilmungen von »King Kong« wird Kong beim Anblick dieser weißen Frau nicht schwach. Der Stoff vom tragisch verliebten Monster ist ebenso verschwunden wie der sexuelle und rassistische Unterton des Originals von 1933. Kong, der Letzte seiner Art, wirkt auf Skull Island wie ein melancholischer Einsiedler, der einfach seine Ruhe haben will. Sie dürfte ihm nicht vergönnt bleiben. Presseberichten zufolge plant die Produktionsfirma Legendary bereits ein Sequel: »Godzilla vs. King Kong«.


Kong – Skull Island (USA/Vietnam 2017). Regie: Jordan Vogt-Roberts, 
Darsteller: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson. Start: 9. März