Die Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen stehen vor dem Abschluss

Jobs für Parteifreunde

Vier Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen arbeiten CDU und FDP an ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre – und daran, die eigenen Leute mit Posten zu versorgen.

Man hat es eilig in Düsseldorf: Noch vor der Sommerpause soll die neue Landesregierung stehen, bereits am 27. Juni wollen CDU und FDP den Unionsspitzenkandidaten Armin Laschet zum Ministerpräsidenten wählen. Im Wahlkampf schenkten sich beide Parteien nichts. Eine schwarz-gelbe Koalition galt vielen als weniger wahrscheinlich als die Zerstörung der Düsseldorfer Altstadt durch einen Kometeneinschlag. Nach der Wahl mussten sich Laschet und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ­zusammenraufen. Spätestens nachdem die SPD erklärt hatte, für eine Große Koalition nicht zur Verfügung zu stehen, war klar, dass es auf eine Regierung aus CDU und FDP hinauslaufen würde. Eine Zusammenarbeit mit Grünen und SPD hatte die FDP bereits vor der Wahl ausgeschlossen.

Die FDP setzte hohe Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Staaten durch.

In den ersten Wochen der Koalitionsverhandlungen präsentierten CDU und FDP Programmpunkte, die niemandem richtig weh tun: Die 2005 verkürzte Schulzeit der Gymnasien soll wieder von acht Jahren auf neun verlängert werden. In Förderklassen sollen Flüchtlingskinder Deutsch lernen, bevor sie in den regulären Unterricht integriert werden, Förderschulen sollen so lange nicht mehr geschlossen werden, bis es ein neues Programm zur Inklusion gibt, und bis 2025 sollen alle Haushalte an schnelle Internetleitungen angeschlossen werden. Durch eine Bunderatsinitiative soll erreicht werden, dass die Energieeinsparverordnung (EnEV) für drei Jahre ausgesetzt wird, deren Befolgung bei Neu- und Umbauten von Häusern längst mehr kostet, als an Energiekosten eingespart wird.

Für großen Widerspruch hat das alles nicht gesorgt. Umstritten ist vor allem eine Entscheidung: Die FDP hat hohe Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Staaten durchgesetzt: 1 500 Euro soll ein Semester in Nordrhein-Westfalen kosten und 100 Millionen Euro im Jahr in den Landeshaushalts spülen. Das gehährdet die Internationalität des Hochschul- und Wirtschaftsstandortes. Der Ruf der meisten Hochschulen des Landes ist nicht so gut, dass viele Studierende bereit sein werden, so viel Geld zu bezahlen. Sie können auf andere Bundesländer ausweichen. 100 Millionen für den Landeshaushalt werden wahrscheinlich niemals zusammenkommen; das Ganze ist ein fauler Kompromiss: Die CDU war gegen, die FDP für Studiengebühren.

Beim Personalhaushalt drohen noch Konflikte. Mehr Lehrer und Polizisten müssen eingestellt werden, wenn FDP und CDU ihre Versprechen erfüllen wollen. Soll gleichzeitig gespart werden, wird das nur in anderen Bereichen der Landesverwaltung gehen.

Ungemütlich könnte es auch für viele werden, die in den vergangenen ­Jahren auf dem Ticket von SPD und Grünen einen Posten in landeseigenen ­Unternehmen oder bei vom Land maßgeblich bestimmten Institutionen ­ergatterten. Als Jürgen Rüttgers (CDU) 2005 zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, gab er die Parole aus, nicht überall wo möglich die Parteigänger von SPD und Grünen gegen eigene Leute auszutauschen. Rot-Grün kannte nach der Rückkehr an die Macht 2010 eine solche Zurückhaltung nicht. Es wurden sogar Gesetze geändert, damit vormalige Posteninhaber mit CDU-­Parteibuch sich nicht einmal mehr bewerben konnten. Das haben CDU und FDP nicht vergessen. Rüttgers’ Zurückhaltung in Personalfragen wird mittlerweile als ein Fehler gesehen, den man nicht wiederholen will.

Geändert am 15.6.2017 um 12.50 Uhr. Ursprünglich hieß es in dem Artikel fälschlicherweise, die Verkürzung der Schulzeit sei 2010 erfolgt.