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Alternatives zu Charlottesville

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MediumDass kurz nach einem Terroranschlag erste Verschwörungstheorien kursieren, ist nicht neu. Schnell Zweifel an offiziellen Darstellungen zu säen und zugleich einfache Antworten zu bieten, gehört zu Verschwörungstheorien schließlich dazu. Nach dem Anschlag in Charlottesville war jedoch alles ein bisschen anders, denn diesmal bestanden die alternativen ­Fakten darin, dass in einschlägigen Foren stundenlang ein junger Linker als Täter gehandelt wurde und neben Fotos auch ­seine Adresse sowie persönliche Dinge über seine Freundin veröffentlicht wurden. Der Mann habe eigentlich die Rechten ­angreifen wollen und die Demonstrationen verwechselt, lautete die dazugehörige Theorie.

Dass dies kein Versehen übereifriger armchair detectives war, die einfach anhand des auf Fotos gut sichtbaren Kennzeichens des Tatautos nach dessen Besitzer beziehungsweise Vorbesitzern gesucht hatten, wurde allerdings schnell deutlich: Der zu Unrecht Beschuldigte hatte in einem öffentlichen Facebook-Posting gebeten, ihn und seine Familie nicht länger zu belästigen und zu bedrohen – und konnte also nicht der Täter sein, von dessen Verhaftung es ebenfalls Bilder gab.
Es dauerte noch einen Tag, bis sich diese Erkenntnis leidlich durchsetzte. Und eine neue Verschwörungstheorie entstand, nach der der Naziterrorist aus Versehen in die Menge gefahren sei, weil er solche Angst vor der Antifa gehabt habe. Das dazu­gehörige Video arbeitet mit den üblichen Faktenverdrehungen und falschen Bildern – und wurde auf Twitter zuerst von einem US-Verschwörungstheoretiker, der ansonsten wüste Lügen über Trump-Gegner verbreitet, in mehr als 20 detaillierten Tweets als Bullshit entlarvt. Terror und Mord sei der Anschlag, schrieb er, daran gebe es nichts zu rütteln.