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Antiheimatromane

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PBDer Tonfall erinnert an den des Pop­romans – lakonisch, witzig und höchst unzufrieden. Dazu hat die Protagonistin in Ornela Vorpsis autobiographisch geprägtem Coming-­of-Age-Roman »Das ewige Leben der Albaner« auch allen Grund. Die Zeit scheint für die Kleine mit der strengen Mutter und dem inhaftierten Vater stillzustehen, ehe Anfang der neunziger Jahre die Demokratisierung in Albanien einsetzt und Hoffnungen auf ein selbstbestimmtes ­Leben weckt. Freiheit findet die junge Frau schließlich im Ausland. Die 1968 in Tirana geborene Vorpsi gehört zu den vielen Albanern ihrer Generation, die ihr bitterarmes Land verlassen haben. Vorpsi begann ihr Kunststudium in Tirana, setzte es in Mailand fort und beschloss es in Paris, wo sie weiterhin lebt und arbeitet. In ihrem Debütroman »Das ewige Leben der ­Albaner« schildert sie, wie ein aufgewecktes Mädchens in einer patriarchalen Gesellschaft unter der Fuchtel der kommunistischen Partei aufwächst. In ihrem zweiten Roman »Die Hand, die man nicht beißt« schaut sie bereits als »Ausländerin« und »Westlerin« auf das ihr fremd gewordene Land, das voller Entbehrungen, Enttäuschungen und Grausamkeiten ist. Sei es der Umgang mit Tieren (»In Tirana wirft man ­immer noch mit Steinen nach Hunden«), sei es die Aufdringlichkeit der Männer (»Balkanblicke«) oder seien es die regelmäßig eskalierenden Familienfeste (»Sich vor Liebe und Herzlichkeit überschwänglich in den Armen liegend, fängt man irgendwann an, in die Luft zu ballern. Und einer stirbt, aus purem Versehen.«) – schonungslos rechnet die Autorin mit starren Rollen und scheußlichen Traditionen ab. Mit Bedacht hat sie ihre Bücher in italienischer, nicht in albanischer Sprache verfasst. Für die Auseinandersetzung mit ihren Antiheimat­romanen sieht sie die albanische Gesellschaft noch lange nicht bereit.
 

Ornela Vorpsi: Das ewige Leben der Albaner. Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl, Zsolnay-Verlag, Wien 2007, 140 Seiten, 14,90 Euro