In Italien soll die Verherrlichung des Faschismus strenger verfolgt werden

Der Kult um den Führer

Das Verbreiten und Zeigen faschistischer Symbole und Gesten soll in Italien strafrechtlich strenger verfolgt werden. Die rechte Opposition sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Feuerzeuge, Schlüsselanhänger und Flaschenetiketten mit dem Konterfei des »Duce« gelten in Italien als folkloristische Spielereien. Mussolini-Kalender hängen an Zeitungskiosken offen aus, Büsten des italienischen Faschistenführers gehören zum Angebot unzähliger Tabak- und Souvenirläden. Auch daran, dass der faschistische Gruß nicht mehr nur in Fußballstadien regelmäßig zu sehen ist, scheint sich das Land gewöhnt zu haben. Das soll nun anders werden.

Vergangene Woche beschloss die Abgeordnetenkammer mit einer links­liberalen Stimmenmehrheit, die Propaganda für den italienischen Faschismus und den deutschen Nationalsozialismus strafrechtlich stärker zu verfolgen. Zukünftig soll die Produktion und Verbreitung von Waren, die Personen oder Symbole des Faschismus abbilden, sowie die öffentliche Zurschaustellung von Gesten, die unzweifelhaft auf faschistische Praktiken verweisen, mit ­einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zwei Jahren belegt werden. Erfolgt die Propaganda oder der Devotionalienhandel online, soll das Strafmaß deutlich höher sein.

Ob die Gesetzesvorlage »Fiano«, benannt nach dem für den Entwurf verantwortlichen Abgeordneten der Demokratischen Partei, Emanuele Fiano, auch in der zweiten Kammer, dem ­Senat, eine Mehrheit findet, ist jedoch noch offen. Denn anders als der all­gegenwärtige Mussolini-Kult sorgt die Kritik an der Huldigung des faschistischen Regimes für große Aufregung.

Die parlamentarische Opposition hält das Gesetz in Hinblick auf die bestehende Rechtslage für überflüssig. Bereits seit 1952 können auf der Grundlage des Gesetzes »Scelba« Gruppen belangt werden, die zur Neugründung oder zur Apologie der faschistischen Partei aufrufen. Darüber hinaus ermöglicht das Gesetz »Mancino« seit 1993 die Sanktionierung von »Gesten, Parolen und Aktionen«, die zu rassistisch, religiös oder nationalistisch motivierter Gewalt und Diskriminierung aufrufen. Mit dem Gesetz »Fiano« sollen nun auch individuelle Verhaltensweisen bestraft werden können, die weder eine Parteibildung anstreben noch direkt zu Gewalt aufrufen, wohl aber eine Verherrlichung der faschis­tischen Ideologie darstellen.

Der Movimento 5 Stelle (M5S) bezeichnet das geplante Gesetz als »freiheitsfeindlich« und lehnt es im Einklang mit den anderen rechten Parteien als unzulässige Einschränkung der politischen Meinungsfreiheit ab. Einhellig verweist die parlamentarische Rechte auf die zu erwartenden Schwierigkeiten für Richter, im Einzelfall zwischen legitimer politischer Meinungsäußerung und strafrechtlich relevanter Propaganda für antidemokratische Ideen zu unterscheiden. Die Banalisierung der Verbreitung faschistischer Slogans und Symbole zu lediglich ex­travaganten, vielleicht auch dummen, aber keinesfalls gefährlichen Meinungsäußerungen, wird derweil durch die außerparlamentarischen Reaktionen der alten und neuen Faschisten widerlegt.

Emanuele Fiano, Sohn des italienischen jüdischen Auschwitz-Überlebenden Nedo Fiano, schlagen seit der Bekanntgabe der Gesetzesinitiative antisemitischer Hass und die Androhung offener Gewalt im Stile faschistischer Strafaktionen entgegen. »Wir sehen uns auf der Straße«, heißt es auf der Facebook-Seite der Neofaschisten von Forza Nuova (FN), die für Oktober, anlässlich des Jahrestags von Benito Mussolinis Machtübernahme, zu einem »Marsch der Patrioten« mobilisieren. Bereits im April hat die FN zusammen mit der Casa Pound zum Gedenken an die Toten der Republik von Salò auf den Mailänder Hauptfriedhof geladen. Rund 1 000 mi­litante Rechtsextreme versammelten sich damals in militärischer Formation und mit erhobenem Arm um die Gräber jener Kameraden, die im Zweiten Weltkrieg bis zuletzt an der Seite NS-Deutschlands gekämpft hatten. Ein Ermittlungsverfahren gegen die Organisatoren wurde Anfang September eingestellt, da die Staatsanwaltschaft den Aufmarsch nicht als faschistische Propaganda, sondern als bloße Gedenkver­anstaltung einstufte. Dass das Gesetz »Fiano« die Straffreiheit solcher Demonstrationen künftig verhindern könnte, bezweifeln auch einige Linke.

Die Parteien links der Demokratischen Partei haben Fianos Gesetzesentwurf im Parlament zwar zugestimmt, sie betonten aber auch, das Verbot der Aufwertung und Verharmlosung des Faschismus könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Regierungspartei mit ihrer Zurückhaltung bezüglich der Einführung eines neuen Einbürgerungsgesetzes rechtspopulistischen Ressentiments Vorschub leiste und in ihrer Flüchtlingspolitik Abwehrmaßnahmen ergriffen habe, die in den vergangenen Jahren von rechtsextremen Parteien gefordert worden waren. Tatsächlich ist der historische antifaschistische Konsens, wonach die (neo)faschistische Ideologie nicht nur juristisch, sondern vor allem politisch und kulturell bekämpft werden muss, in der Demokratischen Partei allenfalls noch als Lippenbekenntnis präsent.