Die Mönchengladbacher CDU steht wegen Kontakten zu »Grauen Wölfen« in der Kritik

Falken gegen Wölfe

Die CDU in Mönchengladbach pflegt Kontakte zu einem türkisch-deutschen Verein, dem auch Islamisten und rechtsextreme Nationalisten angehören. Linke in der Stadt protestieren gegen diese Art von Integrationspolitik.

Der Name klingt harmlos und versöhnlich: Türkisch-Deutscher Integrationsverbund (TDIV). Doch in dieser Organisation sammeln sich religiöse und nationalistische Rechte im Raum Mönchengladbach, unter anderem die der Regierung Recep Tayyip Erdoğans nahestehende Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), die islamistische und antisemitische Millî-Görüş-Bewegung und der seit 40 Jahren ortsansässige Gemeinnützige Türkische Kulturverein, der der rechtsextremen Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland zugerechnet wird. Diese ist der deutsche Ableger der rechtsex­tremen türkischen Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Deren paramilitärische Abteilungen sind in Deutschland als »Graue Wölfe« bekannt.

Der CDU-Politiker Frank Boss sitzt direkt unter einem Wandteppich, der einen heulenden Wolf abbildet, ihm gegenüber prangt auf einem weiteren Wandteppich Alparslan Türkeş, Gründer der rechtsextremen MHP.

Wer sich mit Integrationspolitik befasst, sollte diese Organisationen und ihre Symbole kennen. Doch bei der CDU in Mönchengladbach hat man offenbar keine Probleme mit dem TDIV. Auf ihrem Jahresempfang im Januar freute sich der Landtagsabgeordnete Jochen Klenner über die Teilnahme des TDIV. »Schön, dass Sie alle da waren«, schrieb er unter einem Beitrag auf dessen Facebook-Seite. Der Verband erwiderte: »Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit.« Im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf besuchten Ende März CDU-Mitglieder, darunter Mönchengladbachs Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, eine Moschee von Millî Görüş. Frank Boss, wiederum, ein Landtagsabgeordneter der CDU, besuchte im Juni gemeinsam mit dem CDU-Sprecher im Integrationsrat von Mönchengladbach, Bernhard Stein, auf Einladung der TDIV fünf Moscheen, darunter zwei von Millî Görüş sowie eine der Ditib, und den Gemeinnützigen Türkischen Kulturverein. Der TDIV veröffentlichte Bilder auf seiner Facebook-Seite, die Boss und die anderen Teilnehmer zeigen. Boss sitzt direkt unter einem Wandteppich, auf dem ein heulender Wolf zu sehen ist, ihm gegenüber prangt auf einem weiteren Wandteppich Alparslan Türkeş, Gründer der MHP.

Ende August veröffentlichte der sozialistische Jugendverband »Die Falken« Informationen über Verbindungen zwischen der CDU und dem TDIV. Das brachte Boss und die CDU Mönchengladbach in Erklärungsnot. Der Türkische Kulturverein nahm acht Tage nach der Veröffentlichung der Falken auf der Facebook-Seite des TDIV Stellung. Ohne näher auf die Recherchen einzugehen, behauptete Aysegül Kaya, die Sekretärin des Kulturvereins, »dass dieser Post auf Lügen und Vorwürfen basiert«.

Boss sagte der Jungle World: »Ich bin im Sinne der Integration dorthin gefahren. Wir sind die Moscheen abgefahren und waren dann wieder weg. Unglücklicherweise war es so, dass in einer Moschee an der Wand ein Symbol der Grauen Wölfe hing.« Im TDIV gebe es verschiedene Ortsverbände, welche Strukturen es im einzelnen gebe, sei ihm nicht bekannt, führt Boss aus und beteuert: »Wir haben mit den Grauen Wölfen nichts am Hut.« Er habe nichts von den Verbindungen gewusst, die Wandteppiche seien ihm nicht aufgefallen.

 

Graue Wölfe und Islamisten bei den interkulturellen Wochen

Die Falken arbeiten in Mönchengladbach mit Antifaschisten, der Linkspartei und deren Jugendorganisation Solid zusammen. Die Recherchen über den TDIV und die CDU sollten zum Auftakt der interkulturellen Woche der Stadt Mönchengladbach am 17. September öffentlich gemacht werden. Doch Mitglieder des Gemeinnützigen Türkischen Kulturvereins begutachteten von der Linkspartei aufgestellte Stellwände mit Informationen über die Grauen Wölfe, ihren eigenen Verein und die Verbindungen zur CDU und setzten offenbar den Vorsitzenden des Integrationsrates, Yılmaz Karaca, unter Druck. Im Gespräch mit der Jungle World sagte Karaca: »An diesem Tag war ich Veranstalter und wollte einen Konflikt vermeiden. Deshalb habe ich die Linksfraktion gebeten, die Stellwände wegzustellen.« Man habe sich auf die Kultur, nicht auf Politik konzentrieren und »eine unnötige Diskussion am falschen Ort« vermeiden wollen. »Ich bin aber dennoch auf jeder Kundgebung, die sich gegen Faschismus richtet.«

Etwas anders trug sich der Konflikt nach Angaben von Torben Schultz zu. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Stadtrat sagte der Jungle World, Karaca habe ihm mitgeteilt, dass die Entfernung der Stellwände eine Entscheidung des gesamten Integrationsrats gewesen sei.

»Wir sind eine klar antifaschistische Partei, und damit meinen wir nicht nur deutschen Faschismus, sondern jeden, und da passten die Stellwände auf dem Integrationsfest sehr gut«, schildert Schultz die Motivation der Partei. Auch mit Gewalt sollen Mitglieder des Gemeinnützigen Türkischen Kulturvereins gedroht haben, weil Mitglieder der Linksjugend T-Shirts mit einem Motiv trugen, auf dem das Logo der Grauen Wölfe zerschlagen wird. Ein Teilnehmer berichtete zudem, kurdische Musik sei vom Moderator des Festes untersagt worden sei, weil diese zu politisch sei.

Die Dominanz von Islamisten und Grauen Wölfen verdrängt andere migrantische Vereine bei den interkulturellen Wochen. Zu keiner anderen Partei hat der TDIV so gute Kontakte wie zur CDU. Diese hat sich pflichtgemäß distanziert, fraglich bleibt jedoch, ob sie Konsequenzen ziehen wird.  Wenn beim TDIV etwas »nicht nach Recht und Ordnung geschieht«, so Boss, müsse sich der Verfassungsschutz der Aufgabe annehmen.