Platte Buch

Intensive Intimität

pbIbeyi, das sind die Zwillingsschwestern Lisa-Kaindé und Naomi Diaz; die eine zeichnet für das Songwriting verantwortlich, die andere für die Beats. Die Schwestern wuchsen in Paris und Kuba auf, ihr früh ver­storbener Vater Miguel »Angá« Díaz war Perkussionist beim Buena Vista Social Club und hatte offensichtlich großen Einfluss auf die musikalischen Vorstellungen seiner Töchter. Deren Sound ist von pulsierenden ­Polyrhythmen getrieben, die Naomi mit der Cajón, der kubanischen ­Kastentrommel, steuert.

Die Songs des Duos zehren von angesagten Dancehall-Grooves, kom­binieren sie aber mit Elementen aus Soul und HipHop. Lisas Stimme überlagert dabei die Instrumentierung, die mal von langsam zitternden Klavierakkorden getrieben wird, mal von Synthesizerklängen. Den Songs von Ibeyi haftet eine intensive Intimität an, geschuldet der innigen Verbindung zwischen den beiden Künstlerinnen, die unterschiedliche Vorlieben pflegen: Lisa liebt Nina Simone, Naomi Zeit­genössisches zwischen James Blake und Kendrick Lamar. Diese Dichotomie verleiht ihren »Contemporary Negro Spirituals« (wie das Duo seine Songs charakterisiert) besondere musikalische Spannung.

Ihre Aussagen sind pointiert und fordernd. »No Man Is Big Enough for My Arms«, singen sie im gleichnamigen Song, einer Hymne auf weibliches Selbstbewusstsein, die das Werk von Solange Knowles und Alicia Keys bestens ergänzt. Ibeyi machen feministischen Pop, der an die Vernunft und die Mündigkeit der Hörer appelliert. Außerdem ist das Album geprägt von Referenzen an die auf Sklavenschiffen von Westafrika nach Kuba importierte Yorùba-Kultur, mit der sich die Schwestern intensiv beschäftigen (Ibeyi heißt »Zwillinge« auf Yorùbá). Die Spiritualität dieser westafrikanischen Religion, deren Priester auf Kuba die letzten sind, die dort noch Yorùbá sprechen, durchströmt die Songs von Ibeyi, die unverdrossen auf das Gute im Menschen setzen und dafür genau die richtigen Töne treffen.
 

Ibeyi: Ash (Xl/Beggars Group)