Ken Jebsen, der Antisemitismus und die Linkspartei

Rechts-links-Schwäche

Vergangene Woche demonstrierten Mitglieder der Linkspartei gegen andere Mitglieder der Linkspartei. Anlass war eine geplante Preis­verleihung an Ken Jebsen.
Raucherecke Von

RESpaltet sich die Linkspartei wegen ihrer Uneinigkeit im Umgang mit dem Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen? Schauplatz des jüngsten Aktes dieser Tragikomödie war am Donnerstag vergangener Woche der Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Zwischen der Volksbühne, der Zentrale der Linkspartei und dem Kino Babylon stand eine kleine Bühne. Sie war von den Veranstaltern der Verleihung des »Kölner Karlspreises für Engagierte Literatur und Publizistik«, sprich den Betreibern des Querfrontblogs »Neue Rheinische Zeitung«, aufgebaut worden. Trotz Nässe und Kälte fanden sich etwa 300 Menschen ein, um gegen den Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) zu demonstrieren. Der hatte das aus Senatsmitteln subventionierte Kino Babylon gedrängt, die ursprünglich dort geplante Veranstaltung abzusagen. »Ich bin entsetzt, dass ein Kulturort in Berlin diesem Jahrmarkt der Verschwörungs­gläubigen und Aluhüte eine Bühne bietet«, so Lederer. Der Kinobetreiber kündigte den Vertrag, ein Gerichtsbeschluss erklärte die Kündigung jedoch für nicht rechtmäßig.

Nun wollte die Linkspartei »klare Kante gegen Querfront« zeigen. Unter diesem Titel verabschiedete der Parteivorstand einen Beschluss gegen die Kundgebung. Doch so wenig einheitlich schon dieser Beschluss war (nur 18 der 30 Mitglieder stimmten dafür), so wenig war auf dem Rosa-Luxemburg-Platz von »klarer Kante« zu sehen. Auf der Bühne sprach unter anderem der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Wolfgang Gehrcke, der die Verschwörungsgläubigen als »liebe Freundinnen und Freunde« begrüßte. Schon vorher hatten sich Linksparteipolitiker wie der Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und der ehemalige Parteivorsitzende Oskar Lafontaine mit Jebsen solidarisiert.

Eine Gruppe von etwas mehr als 30 Menschen protestierte 100 Meter entfernt gegen Gehrcke und seine lieben Freunde – in einer ziemlich dunklen Ecke des Platzes. Parteiprominenz zeigte sich hier nicht. Ob von dem Protest auf der Querfrontkundgebung überhaupt jemand etwas mitbekommen hat, bleibt fraglich. Dort, auf der ausgeleuchteten Seite des Platzes, kam Jebsen zu Wort – allerdings nicht persönlich, sondern per Aufzeichnung. Wenige Stunden vor der Preisverleihung hatte der Kinobetreiber dem britischen Musiker Gilad Atzmon ein Hausverbot erteilt. Die Preisverleihung stand auf der Kippe, Jebsen wurde skeptisch und blieb der Veranstaltung fern.

Im Babylon wurde es endgültig absurd. Die Organisatoren zogen, unbeirrt von der Abwesenheit des Preisträgers wie auch des Laudators Mathias Bröckers, ihre Veranstaltung durch. Atzmon durfte auf der Bühne – das Hausverbot war wohl doch nicht so ernst gemeint – seine kruden Thesen über den Holocaust als neue »westliche Religion« wiederholen. Das Publikum applaudierte Atzmon.

Der Abend zeigte, wie es um die Partei »Die Linke« steht. Die Querfront ist für sie keine Bedrohung von außen, sie ist längst ein Teil von ihr. Die wahre Tragödie wäre es, würde sich die Linkspartei in absehbarer Zeit nicht spalten.