Leo Fischer klingt diese Woche wie Mohamed Matar

Heute sind wir alle Unfallopfer

Gastbeitrag Von

Rede anlässlich der Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags am Breitscheidplatz – Erste Fassung

Liebe Brüder und Schwestern, lieber Oberbürgermeister, und last but not least: liebe Opfer!
Was Ihnen am Breitscheidplatz passiert ist, ist schlimm. Schlimm, ­ärgerlich und ziemlich unschön. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ver­sichern, dass ich Ihnen mein volles Mitgefühl aussprechen möchte. Ich weiß, wie es ist, Opfer zu sein. Gerade jetzt, da meine Personalie in den Medien so stark diskutiert wird, wo ich als »Radikal-Imam«, »Salafist« und »Muslimbruder« durch die Öffentlichkeit gezerrt werde, wo überall böswillige Unterstellungen von professionellen Verleumdern und Behörden vorgebracht werden, fühle ich mich den Unfallopfern vom Breitscheidplatz sehr nahe. Ja, ich würde sogar so weit gehen zu sagen: In mir hat Anis Amri ein letztes Opfer gefunden.

Sie, liebe Mit-Opfer, mussten einiges ertragen: kaltherzige Behörden­bescheide, eine desinteressierte Kanzlerin. Für Sie als Leidtragende reli­giöser Gewalt, und damit meine ich jetzt ganz konkret den Weihnachtsmarkt, ist es sicher eine Wohltat, mit Vertretern gleich dreier Religionen konfrontiert zu werden, die sich Ihnen heute mal nicht mit überhöhter Geschwindigkeit nähern, sondern mit ausgestreckter Hand. Könnten die Toten sprechen, würden sie sich ­sicherlich darüber freuen, dass zu ihrem Andenken noch einmal die Leute zu Wort kommen, die in letzter Konsequenz für ihr Unglück verantwortlich sind – und alles richtigstellen. Und sich klipp und klar gegen Ihren Tod aussprechen!

Deswegen ist es gut und richtig, dass bei dieser Veranstaltung liberale oder säkulare Muslime gar nicht erst zu Wort gekommen sind. Die hätten die Stimmung sofort kaputt gemacht. Wenn die Leute auf dem Breitscheidplatz für etwas gestorben sind, dann für das Recht auf gute Stimmung – immerhin befanden sie sich auf einem Jahrmarkt in der Partyhauptstadt der Welt, nicht wahr?
Diese gute Laune ist es, die wir von der Neuköllner Begegnungsstätte verteidigen. Im Zweifel radikal und mit Waffen, haha! Nein, nur Spaß.


Noch einmal ein herzliches Beileid allerseits!

Ihr Mohamed Matar