Small Talk mit dem Schnapsbrenner Erwin Brand über das Ende des staatlichen Branntweinmonopols

»Am Baum vergammeln«

Eine Ära ist vorbei: Am 31. Dezember 2017 endete das staatliche Branntweinmonopol, seit Jahresbeginn gelten für das Schnapsbrennen in Deutschland neue Regeln. Das Monopol war 1918 eingeführt worden, um die unkontrollierte Schnapsherstellung einzudämmen. Erwin Brand betreibt eine Kleinbrennerei im unterfränkischen Erlach und hat mit der Jungle World über die Zukunft des Schnapsbrennens gesprochen.
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STWie war die Schnapsbrennerei bisher gesetzlich geregelt?
Es war so: Alkohol aus Kernobst wie Äpfel und Birnen konnte man bisher für das staatliche Monopol brennen. Pro 100 Liter Maische erhält man beim Brennen etwa vier bis fünf Liter Weingeist. Pro 100 Liter Apfelmaische lieferte man 3,6 Liter Weingeist beim Staat ab, bei Birnen war es eine etwas kleinere Menge, den Rest konnte man behalten. Pro Liter Weingeist zahlte der Staat eine Rückvergütung von 3,40 Euro. Die Produktion war steuerfrei. Dieses Branntweinmonopol wurde unter anderem abgeschafft, weil der deutsche Staat den Rohalkohol mittlerweile billiger im Ausland kaufen kann als bei deutschen Produzenten.

Was hat der Staat mit dem vielen Alkohol angestellt?
Der wurde an medizinisch-pharmazeutische Produzenten verkauft. Oder an Hersteller von Lippenstiften und Parfüm.

Was bedeutet die Abschaffung des Monopols für die etwa 20 000 Kleinbrennereien in Deutschland?
Sie können weiterhin Schnaps aus Kernobst brennen, die Produktion ist aber nicht mehr steuerfrei, pro Liter sind zukünftig 10,22 Euro zu versteuern. Da rentiert sich die Herstellung aber nicht mehr. Großhändler zahlen beispielsweise nur sechs bis acht Euro pro Liter Weingeist.

Bleibt das Kernobst also in Zukunft auf der Wiese liegen?
Das sagt zumindest jeder Brenner hier in der Gegend. Das Streuobst wird einfach auf den Wiesen verfaulen oder am Baum vergammeln, weil sich die Arbeit nicht mehr rentiert.

Wird dennoch weiter gebrannt?
Freilich. Aber ich habe bisher 70 bis 80 Hektoliter Apfelmaische gebrannt. Ab diesem Jahr werden es wohl nur noch 30 Hektoliter werden. Zwetschgen und Kirschen wurden ohnehin nicht vom Branntweinmonopol abgedeckt. Schnaps aus Steinobst musste schon immer versteuert werden, da ändert sich also nichts.

Bleibt es für Großbrennereien lukrativer?
Ja, Großbrennereien sammeln das Streuobst nicht selbst ein, sondern kaufen es einfach billig ein, wenn es welches gibt. 2017 gab es nur sehr wenig.

Fühlt sich der eine oder andere Brenner vielleicht wegen der neuen Lage zum Schwarzbrennen ­verleitet?
Es ist annähernd unmöglich, unentdeckt Alkohol schwarz zu brennen. Und die Strafen sind extrem hoch: Zunächst wird ein Brennverbot für 15 bis 20 Jahre ausgesprochen, die Brennerei wird verplombt. Und der Staat geht bei erwischten Schwarzbrennern ­automatisch davon aus, dass das illegale Brennen zehn Jahre lang betrieben wurde. Die Strafe wird also rückwirkend berechnet. Ich weiß von einem Fall, bei dem der Erwischte 500 000 Euro Strafe zahlen musste. In einem anderen Fall waren es 200 000 Euro. Jede Brennerei muss gemeldet werden, der Staat hat die Lagepläne und ein sehr gutes Auge auf die Hersteller. Durch den Kamin einer Brennerei darf nur die Abluft abgeführt werden, die bei der Produktion entsteht. Hier in der Region haben die Behörden eine Ortschaft mit einem Hubschrauber überflogen und gemerkt, dass aus einem solchen Kamin Abluft kam, obwohl keine Produktion angemeldet war. Der Hof wurde umstellt und im Keller eine Schwarzbrennerei ausgehoben.