Die Demokratische Partei muss sich neu orientieren

Hoffnung aus dem Kernland

Seite 2 – Es wird nicht reichen, gegen Trump zu sein

Eigentlich, so könnte man meinen, sollte die Politik der Regierung mehr Angriffsfläche bieten als der Präsident selbst. Doch die Trump-Show übertönt alles. Zwar ist es für die Opposition ein Glücksfall, dass der Präsident sich ständig selbst diskreditiert und gemäßigte Konservative abschreckt. Doch hielt ihm ungeachtet alles Eskapaden laut Umfragen immer mindestens ein Drittel der Bevölkerung die Treue.

In der Demokratischen Partei ist umstritten, ob man mit einer dezidiert ­linken Politik gegen Trump antreten soll.

Cheri Bustos, Abgeordnete im Repräsentantenhaus, hat in Zusammenarbeit mit 72 demokratischen Kolleginnen und Kollegen sowie dem Monmouth College in Illinois dazu einen Bericht in Auftrag gegeben: »Hope from the ­Heartland« (Hoffnung aus dem Kernland). »Der Weg zur Mehrheit«, so ­Bustos, »führt durch das Kernland.«

Nicht nur Hillary Clinton habe 2016 die Staaten des Mittleren Westens wie ­beispielsweise Pennsylvania, Ohio, Michigan oder Wisconsin ignoriert – ein Großteil der Partei tue das heute noch. Im Jahr 2009, so der Bericht, hatten die Demokraten noch 57 Prozent der Sitze aus dem Mittleren Westen im US-­Repräsentantenhaus inne.

Derzeit sind es nur noch 39 Prozent. Bei der Land­bevölkerung, die nichts hören will von Einwanderern, Muslimen oder Schwulen, gilt die Demokratische Partei als eine Partei der Eliten. Gerade beim Thema Immigration tendiert der Mainstream nach rechts – während die ­demokratische Basis immer weiter nach links rückt.

Die verschiedenen Flügel in der Demokratischen Partei halten mehr schlecht als recht zusammen. Da ist einerseits die »klassische« Linke, die die wirtschaftliche Ungleichheit in den USA thematisiert. Zu ihnen gehören unter anderem die linken Hoffnungsträger Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Ihre Kernthemen sind eine staatliche Krankenversicherung für alle und die Abschaffung aller Studien­gebühren – beide Positionen sind jedoch außerhalb der Demokratischen Partei nicht populär. Eine andere Fraktion bildet der erstarkte feministische Flügel. Im Zeitalter der »Me Too«-Bewegung sind Senatorinnen wie Kirsten Gillibrand aus New York und Kamala Harris aus Kalifornien zu Stars der Linken ­geworden. Beiden sagt man Ambitionen auf das Präsidentenamt nach. Und ­beide wissen, wie Machtpolitik funktioniert. Sie waren mitverantwortlich dafür, dass der demokratische US-Senator Al Franken nach Vorwürfen sexu­ellen Fehlverhaltens zum Rücktritt gezwungen wurde.

Moderate Demokraten im Senat, wie Joe Manchin aus West Virginia und Claire McCaskill aus Missouri, fürchten einen Ansturm der Linken. Ein vergleichbares Problem hatten die Republikaner 2010, als die rechtspopulistische Tea Party viele gemäßigte Konservative verdrängte. Kandidaten des ­Establishments der Partei wie Eric Cantor wurden von unseriösen Outsidern abgelöst. Jetzt zittert das Establishment der Demo­kraten. Zwar werden deren Chancen bei den midterm elections, den Kongresswahlen Ende 2018, allgemein als gut bewertet, doch es kann durchaus passieren, dass die Partei sich zuvor noch mit internen Machtkämpfen schwächt.

Zudem wird es langfristig für die Linke in den USA nicht reichen, gegen Trump zu sein. Man muss auch für etwas sein. Aber wofür? Darüber herrscht noch Unklarheit. Immerhin brummt das Geschäft, auch bei außerparlamen­tarischen Linken. Auf der gut gestaltete Website von »Indivisible« kann man den Widerstand nicht nur mit Spenden, sondern auch mit dem Kauf von Fan­artikeln unterstützen. Es gibt T-Shirts, Jogginghosen und Strampelanzüge für Babys. Wer seine eigene »Indivisible«-­Ortsgruppe gründen will, kann dies mit einem »Ortsgruppen-Kit« tun: 25 Buttons, 25 Aufkleber, fünf Sweatshirts und eine Einkaufstasche, das alles für den sagenhaften Preis von nur 395,00 Dollar. In der Ära Trump sind politische Überzeugungen vor allem eines: Konsumartikel.