Nord- und Südkorea nähern sich wieder an

Spielen mit den Nachbarskindern

Im Konflikt zwischen Nord- und Südkorea gibt es Anzeichen für Entspannung. Derweil rüstet Nordkorea nuklear weiter auf.

Äußerlich waren die beiden Delegationen Nord- und Südkoreas nicht zu ­unterscheiden, die Teilnehmer ähnelten sich in ihren biederen Haarschnitten, schwarzen Anzügen und unscheinbaren Krawatten. Lediglich durch Anstecker unterschieden sich die Konfliktparteien, die sich am 9. Januar zu Gesprächen trafen. Das Treffen fand in Panmunjeom in der demilitarisierten Zone zwischen Norden und Süden statt, wo 1953 Vertreter beider Seiten das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hatten. Der Ort hatte also einen hohen symbolischen Wert.

Auch die Unterredung, die vor allem die Beteiligung einer nordkoreanischen Delegation an den am 9. Februar beginnenden Olympischen Winter­spielen im südkoreanischen Pyeongchang zum Thema hatte, wird als symbolträchtiger Schritt gedeutet. Seit ­Dezember 2015 hatten keine direkten Gespräche mehr stattgefunden. Von historischer Bedeutung wäre eine nordkoreanische Teilnahme an den Spielen auf jeden Fall. Als 1988 Seoul die Olympischen Sommerspiele ausrichtete, boykottierte Nordkorea die Veranstaltung, nachdem die Pläne einer gemeinsamen Gastgeberschaft gescheitert waren. Mit Blick auf die geplante Zusammenarbeit in diesem Jahr sprach der nordkoreanische Verhandlungsführer Ri Son-gwon von einem »Neujahrsgeschenk für das Volk«. Er hatte wenige Tage zuvor nach der Neujahrsansprache des nordkoreanischen ­Diktators Kim Jong-un angekündigt, die direkte Telefonverbindung zwischen beiden Ländern wieder in Betrieb zu nehmen.

Die Regierung Südkoreas unter Präsident Moon Jae-in will die langersehnte und schwierige Annäherung an den Norden weiter forcieren. Viele Südkoreanerinnen und -koreaner waren ­wegen der im Lauf des vergangenen Jahres stetig steigenden Spannungen enttäuscht. Zeitweise gab es gar Überlegungen, Militärübungen mit den USA auszusetzen, um eine Annäherung an den Norden zu beschleunigen. Die Verschiebung der angesetzten Manöver auf die Zeit nach den Olympischen Spielen erhöhte die Gesprächsbereitschaft des Nordens.

Südkorea ist aber auch auf seine Verbündeten angewiesen, allen voran die USA. Weder die außen- und sicherheitspolitische Schutzmacht noch innen­politische Kräfte, die eine härtere Linie gegen Nordkorea befürworten, dürfen vor den Kopf gestoßen werden. Präsident Moons Lob für die Rolle des US-Präsidenten Donald Trump im Konflikt ist ein Indiz für diese Bemühungen.

Für Nordkorea ist die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen wiederum ein Ausbruch aus der im Verlauf des vergangenen Jahres immer strenger gewordenen diplomatischen Isolation. Um eine Teilnahme an den Spielen überhaupt zu ermöglichen, müsste der ­Süden zwangsläufig Sanktionen lockern. Idealerweise wünscht sich Moons ­Regierung ein gemeinsames Einlaufen der Athletinnen und Athleten bei der Eröffnungs- und Abschlussfeier. Zuletzt gab es das zur Zeit der sogenannten Sonnenscheinpolitik bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney 2000 und Athen 2004 sowie den Winter­spielen in Turin 2006. Allein die Diskussion über die Teilnahme ermöglicht Lockerungen, so brachten beide Seiten die Möglichkeit von Familientreffen ins Gespräch. Ein potentielles Mitglied der nordkoreansichen Delegation, die vermutlich zu einem großen Teil aus Funktionärinnen und Funktionären sowie einem Team von Cheerleaderinnen bestehen wird, könnte südkoreanischen Medien zufolge Kim Jong-uns Schwester Kim Yo-jong sein, die das Ministerium für Propaganda und Agita­tion leitet.

All das steht der Politik der USA entgegen. Katina Adams, eine Sprecherin des US-Außenministeriums, äußerte sich folglich nicht direkt zu den gemeinsamen Olympia-Ambitionen. Die USA scheinen erst einmal abwarten zu wollen. China und Russland hingegen reagierten erfreut. Ein Gewinner steht bereits fest: Nordkorea nutzt das Annäherungsbedürfnis der südko­reanischen Regierung und gewinnt Zeit, die nukleare Aufrüstung weiter vor­anzutreiben. Wie die ununterbrochenen Raketentests und Drohungen zeigen, wird es von seinem Ziel, zur Atommacht aufzusteigen, nicht so schnell abrücken.