Kryptowärungen sind Glaubenssache

New Kids on the Blockchain

Seite 2 – Das Ende der Regulierung?

Die Entwicklung ist insofern folgerichtig, als sich der spekulative Kapitalismus seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer mehr verselbständigt hat. Mit der Deregu­lierung der Finanzmärkte erfolgte die Wertsteigerung immer stärker durch Wetten auf künftige Geschäfte, wobei die komplexen Finanzprodukte selbst von Experten bald kaum mehr zu durchschauen waren.

Dennoch verfügen ­Regierungen und Zentralbanken über substantielle Einflussmöglichkeiten, um den Handel zu regulieren, sei es durch Erhöhung der Leitzinsen, Handelsrestriktionen oder sogar die zeitweise Verstaatlichung von Banken wie während der Finanzkrise in den USA. Das Ende jeglicher Regulierung und die damit verbundene Dezentralisierung würden die bisherigen Institutionen entmachten und es gleichzeitig ermöglichen, Bereiche zu erfassen, die bislang vom regulären Finanzmarkt ausgeschlossen waren, wie etwa die Transaktionen innerhalb der informellen Ökonomie und die Schattenwirtschaft.

Die rund 2,5 Milliarden Menschen, die über kein Bankkonto verfügen, könnten davon profitieren. Bereits jetzt können beispielsweise syrische Flüchtlinge in einem jordanischen Camp mit dem Blockchain-System Ethereum bezahlen, indem sie sich mit einem Iris-Scan einloggen. Jeder ist damit eindeutig identifizierbar, sogar im Falle einer Flucht können die Menschen das Geld problemlos über alle Grenzen mitnehmen. Eingeführt hat diese Technologie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen.

Dagegen, dass sich die Kryptowährungen schon bald als weltumspannendes Zahlungssystem etablieren könnten, spricht allerdings vor allem ihre extreme Volatilität. Niemand kann derzeit mit Sicherheit erklären, wie sich die jeweiligen Währungen entwickeln und welchen Wert sie tatsächlich besitzen.

Durchsetzen könnte sich hingegen das System der Blockchains, das den Kryptowährungen zugrunde liegt. Mit ihm können nicht nur Zahlungsmittel sicher übertragen werden, sondern im Prinzip fast alle Transaktionen erfolgen, die auf gegenseitigen Vereinbarungen beruhen, wie zum Beispiel Ver­träge oder komplexe Tauschakte im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge. Gut möglich also, dass sich bald autonome Fahrzeuge selbständig an der Stromsäule aufladen und dabei automatisch mit der firmeneigenen Kryptowährung bezahlen. Das nächste große Ding wird jedenfalls sicher kommen. Die Frage ist nur, wann.