Stormy Daniels will nicht mehr schweigen

Der aufkommende Sturm

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Das wirkliche Leben Stormys ist ­allerdings um etliches verworrener: Das Schweigegeld war ihr, wie man heute weiß, von Trumps langjährigem Anwalt Michael Cohen überwiesen worden, und zwar über eine »limited liability corporation«, einer Art GmbH, namens Essential Consultants, die der New Yorker extra zu diesem Zweck im Bundesstaat Delaware gegründet hatte, in dem Bundesstaat, der in den ganzen USA bekannt für seine laxen Gesetze in Bezug auf ­Unternehmenstransparenz ist. Zuvor aber hatte Cohen behauptet, dass es nie eine Affäre zwischen Trump und Daniels gegeben habe. Nach einem Zeitungsbericht über den bis dato unbekannten Verschwiegenheitsvertrag Ende Januar wurde sogar ein schriftliches Statement von Stormy Daniels veröffentlicht, in dem sie, wie zuvor schon das Weiße Haus und Cohen, jegliche Beziehung zwischen ihr und dem damaligen Nichtpolitiker bestritt. Im Februar erklärte Anwalt Cohen jedoch plötzlich, er habe Stormy sehr wohl Schweigegeld über­wiesen, die Summe aus eigener ­Tasche bezahlt; Trump habe nichts davon gewusst. Im Übrigen, so ­führte er weiter aus, habe er weder damit gerechnet, das Geld erstattet zu bekommen, noch mit irgendeinem Vertrauten von Trump geschweige denn mit ihm selber darüber ­gesprochen.

Stormys Anwalt Michael Avenatti antwortete mit einer Klage, denn weil Cohen öffentlich über die im Vertrag festgelegte Summe sprach, sei er nun null und nichtig. Und er twitterte: »Es war also so: Cohen behauptet, dass er eine Hypothek in Höhe von 130 000 Dollar auf sein Haus aufnahm, um dieses Geld (im Namen eines Milliardärs) einer Frau zu geben, die ihm zufolge lügt.«
Dass der Präsident der Vereinigten Staaten zehn Jahre vor seiner Amtseinführung ein intimes Verhältnis mit einem Pornostar hatte, ist kein Grund für einen Rücktritt oder eine Amtsenthebung. Wie auch ein Verschwiegenheitsvertrag keiner ist – eigentlich. Im Fall Stormy werfen Vertrag und Zahlungsmodalitäten jedoch ethische und sicherheitstechnische Fragen auf. Denn Anwalt Cohen benutzte für seine Korrespondenz im Zuge der Zahlung eine E-Mail-Adresse der Trump Organization, die damit in die Affäre hineingezogen wird. Die Wahlkampffinanzierungsgesetze in den USA sind in einem Punkt sehr streng: Unternehmen ist es verboten, Präsidentschaftskandidaten oder ihren Kampagnen Geschenke zu machen. Dazu kommt, dass ­Cohens privater Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Daniels ­wegen angeblicher Vertragsverletzung im Februar von Jill A. Martin mitunterzeichnet wurde. Martin, Syndikusanwältin der Trump Organization, will die Unterschrift als ­Privatperson geleistet haben. In der Klage gab sie allerdings als ­Adresse ihr Büro im Trump National Golf Club in Kalifornien an.

Daniels’ Anwalt Michael Avenatti ist zuversichtlich, dass er auf weitere Verwicklungen stoßen wird. Es geht um die Erpressbarkeit des Präsidenten. In Michael Wolffs Enthüllungsbuch »Fire and Fury« wird Steve Bannon übrigens dahingehend zitiert, dass auch der Anwalt Marc Kasowitz den Kandidaten Trump aus »allen möglichen Patschen herausgeholt habe: Kasowitz während der Kam­pagne – wie viele waren es, hundert Frauen? Kasowitz hat sich um alle diese Fälle gekümmert.« Und deswegen, so sind sich Rechtsexperten ­einig, könne der US-Präsident ­erpressbar sein – und das nicht nur im Falle angeblicher in Moskau bei ­einer Miss-Wahl entstandener Sex­tapes.

In Stormys Sextape geht übrigens alles gut aus: Die Prostituierte hat sich den Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann bloß ausgedacht. Und Stormys Mann hat so viele Überstunden gemacht, um als Überraschung ein Ferienhaus kaufen zu können.