Kritische Astrologie - Der Kampfbegriff und seine Macht über unser Leben.

Hartzilein, du musst nicht traurig sein

Kolumne Von

Folgt man Konfuzius, geht das mit dem Staat, seiner Gewalt und allem anderen irgendwie in Ordnung, solange in den Köpfen der Leute vorher aufgeräumt wurde: Die »Richtigstellung der Begriffe« ist das A und O jedweder Regierung. Wenn wir die Sterne richtig deuten, wird sich hier in nächster Zeit einiges tun: Führende Sozialdemokraten wie Berlins Regierender Sultan Michael Müller und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil fordern eine »Reform« von Hartz IV, die anscheinend wesentlich eine konfuzianische Neuerung, also eine Begriffsreform sein soll.

Da seit den Nullerjahren nur noch die Leute in der SPD Mitglied sind, die rücksichtslos Hartz IV durchgesetzt haben, soll an seinen Grund­festen selbstverständlich nicht gerüttelt werden. Das »solidarische Grundeinkommen«, das Müller ins Spiel brachte, klingt zwar nach Umverteilung, ist aber lediglich der langgehegte Traum der SPD von einem »sozialen Arbeitsmarkt«, in welchem eine sozialindustrielle Reservearmee von Langzeitarbeitslosen die ohnehin schon üppigen Löhne in der Pflege- und Suppenküchenbranche drücken hilft. Die »freiwilligen Feuerwehren«, so ergänzte der Minister nun bei »Anne Will«, könne man etwa ruhig mit Langzeitarbeitslosen auffüllen. Wenn einer schon für die Gesellschaft wertlos ist, kann man ihn anscheinend auch ohne weiteres in den Flammentod schicken.

Mit solchen und ähnlichen Plänen, so Heil, werde man schon »in fünf Jahren« nicht mehr von Hartz IV sprechen, diesem »Kampfbegriff«. Hier offenbart sich ganz der Konfuzianer Heil: Erst Hartz IV als Kampfmittel im Klassenkampf nach unten einführen, dann die aufgeheizte Kampfstimmung beklagen, schließlich das Wort als »Kampfbegriff« verbieten und alle, die noch unter ihn fallen, zusammen mit den dazugehörigen Gesetzestexten ins Feuer schicken. Wenn wir kritischen Pyromanen jetzt die Augen zusammenkneifen und an was Schönes denken, dann wird es in fünf Jahren vor allem die SPD nicht mehr geben, dann zieht ins Willy-Brandt-Haus hoffentlich ein schönes Einkaufszentrum und blüht auf den Ruinen der Arbeitsagenturen eine Wiese, auf der ein Schäferskind wird spielen mit der Switch. Mögen wir es alle noch erleben!