Der Umgang der Linkspartei mit Diether Dehm

Linkspartei in der Peinlichkeitsfalle

Ein Berliner Bezirkspolitiker von »Die Linke« hat den Parteiausschluss des Bundestagsabgeordneten Diether Dehm beantragt.
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Immer wieder fällt der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Diether Dehm durch seine verbalen Ausfälle und seine reaktionäre Gesinnung auf. Schon 2001 zitierte er in einem Beitrag für den Freitag zustimmend eine Passage aus dem Buch »Imperialismus heute«, in der es heißt, das »spekulative Kapital ist nicht nur ein Parasit am Körper der Arbeit, der die Arbeitslosigkeit und Marginalisierung auf ein Vielfaches anwachsen lässt, sondern schmarotzt auch direkt am fungierenden Kapital, dem Kapital, das durch direkte Ausbeutung der Arbeitskraft realisiert wird«. Im selben Jahr stritt er als stellvertretender Bundesvorsitzender der PDS dafür, dass die Partei das Nationale stärker in den Blick rücken sollte. Er warb für einen »nationalen Internationalismus« und forderte, der Antifaschismus müsse »Heimatpflege« zu seiner Sache machen. Unvergessen bleibt auch sein Satz »Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben«, mit dem er 2009 de facto sämtlichen deutschen Antisemitismus nach 1945 leugnete.

Als in der Bundesversammlung 2010 Joachim Gauck und Christian Wulff zur Wahl standen, verglich er die Situation mit einer Wahl »zwischen Hitler und Stalin«. Die Deutsche Bank bezeichnete er als »Krebsgeschwür für die Gesellschaft«. Im April 2014 sagte er dem russischen Staatssender »Stimme Russlands«, Teile der deutschen Medien seien »komplett in den Händen der US-Geheimdienste und anderer Geheimdienste«. Den Tagesspiegel-Redakteur Matthias Meisner beschimpfte Dehm im Januar 2018 als »Schreibagenten« von der »BND-Tankstelle«. Entgegen einem Beschluss des Bundesvorstands der Linkspartei trat Dehm 2014 bei einer »Mahnwache für den Frieden« auf, an denen vor allem Verschwörungstheoretiker, »Zinskritiker« und andere Antisemiten teilnahmen. Als der Sänger Xavier Naidoo wegen dieser Mahnwachen und seiner Nähe zu Reichsbürgern kritisiert wurde, sprang Dehm ihm zur Seite: Die Kritiker seien eine »antideutsche Shitstorm-SA«. Er unterstützte Ken Jebsen, den Chefideologen der Mahnwachen, zuletzt im Herbst 2017 mit einer Protestkundgebung vor der Bundesgeschäftsstelle der eigenen Partei.

Jüngst attackierte Dehm Heiko Maas (SPD). Der neue Bundesaußenminister sei ein »gut gestylter Nato-Strichjunge«. Oliver Nöll, der Vorsitzende der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg, beantragte daraufhin ein Parteiordnungsverfahren, um Dehm aus der Partei auszuschließen. Nöll schrieb, er frage sich, warum er »erst jetzt und nicht bei ähnlich gelagerten Beispielen einen solchen Antrag« gestellt habe. Eine sehr gute Frage, die sich die über 60 000 anderen Mitglieder der Partei auch stellen könnten. Dehm ist zwar nur die Spitze des Eisbergs wenn es um Reaktionäre in der Partei geht, aber eine ganz besonders peinliche.

Sonderlich wahrscheinlich ist ein Ausschluss allerdings nicht. Die Hürden für einen Parteiausschluss sind hoch. Dehm müsste nachgewiesen werden, dass er vorsätzlich der Partei schadet. Entscheiden muss darüber das Landesschiedsgericht in Dehms Landesverband Niedersachsen, den er seit anderthalb Jahrzehnten fest in der Hand hat. Als letzte Instanz könnte das Bundesschiedsgericht dem Schrecken ein Ende bereiten. Falls Dehm bleiben darf, schaden seine Ausfälle der Partei aus ihrer Sicht offenbar nicht. Das wäre noch peinlicher als Dehm selbst.