Die internationalen Reaktionen auf die Giftgasangriffe des syrischen Regimes

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Im Bündnis mit Frankreich und Großbritannien ließ US-Präsident Donald Trump syrische Lager- und Produktionsstätten für Chemie­waffen bombardieren. Ob er dem iranischen Expansions­streben ­entgegentreten will, bleibt allerdings unklar.

Ist Emanuel Macron ein Trump-Flüsterer? »Vor zehn Tagen wollte Präsident Trump die Vereinigten Staaten aus Syrien abziehen. Wir haben ihn davon überzeugt zu bleiben«, sagte der französische Präsident am Sonntag. Donald Trumps Rede nach den Luftangriffen am Freitag voriger Woche lässt jedoch Zweifel aufkommen: »Amerika strebt keine unbefristete Präsenz in Syrien an, unter keinen Umständen. Während andere Nationen ihre Beiträge erhöhen, freuen wir uns auf den Tag, an dem wir unsere Krieger nach Hause holen können.« Ende März hatte der US-Präsident in einer Rede in Ohio angekündigt, er werde die US-Truppen »sehr schnell« aus Syrien abziehen. Nicht sein französischer Amtskollege, sondern seine Generäle und Verteidigungsminister James Mattis hätten ihn davon überzeugt, zumindest keinen überhasteten Rückzug anzuordnen, berichteten US-Medien.

Wäre keine militärische Reaktion auf den Giftgasangriff auf Duma von Samstag vorvergangener Woche erfolgt, hätte das die Einschätzung bestätigt, Trump wolle ohne Rücksicht auf die Folgen schnell die US-Truppen abziehen. Weniger klar ist, was der Luftangriff auf drei syrische Lager- und Produktionsstätten für Chemiewaffen über die zukünftige Syrien-Politik der USA aussagt.

Dass Frankreich und Großbritannien an dem Angriff beteiligt waren, den das US-Militär problemlos allein hätte bewältigen können, könnte als Indiz dafür gewertet werden, dass Trump sein Vorgehen tatsächlich stärker mit wichtigen Verbündeten abstimmen will – wenn es denn einen Plan gäbe, welche Rolle diese Verbündeten spielen sollen. Das aber scheint nicht der Fall zu sein. Macron sprach von intensiveren diplomatischen Bemühungen – um was auch immer –, während Trump implizit versicherte, nicht offensiv gegen das Regime Bashar al-Assads vorzugehen: »Wir können die Welt nicht vom Bösen reinigen oder überall handeln, wo es einen Tyrannen gibt.« Die britische Premierministerin Theresa May sagte ­explizit, es gehe nicht um einen regime change.

In den Tagen vor dem Luftangriff soll zwischen den drei beteiligten Regierungen ein umfassenderes Bombardement debattiert worden sein, das den Streitkräften Assads größeren Schaden zugefügt, aber auch in Syrien stationierte Russen und Iraner in Gefahr gebracht hätte. US-Medienberichten zufolge überredete Mattis Trump, sich mit Angriffen auf Chemiewaffenstützpunkte zu begnügen; Macron schreibt sich selbst diese Rolle zu. Sicher ist, dass es eine informelle Absprache mit Russland gab, dessen Regierung wohl nicht versäumte, den Iran zu informieren. Entgegen den teils wüsten Drohungen untergeordneter russischer Politiker unterblieb jede militärische ­Reaktion. So spricht derzeit alles dafür, dass der Luftangriff tatsächlich vor allem das syrische Regime von weiteren Giftgasangriffen abschrecken sollte.

Trumps Motiv mag zudem der Wille gewesen sein, Härte zu zeigen, wo sein Vorgänger Barack Obama auf das Überschreiten der von ihm deklarierten »roten Linie« nicht militärisch reagiert hatte. Will Trump dem iranischen Expansionsstreben tatsächlich entgegentreten, muss dies in Syrien geschehen. Andererseits drängen insbesondere die putinistischen extremen Rechten ­unter seinen Bewunderern auf einen schnellen Rückzug. Trump ist bekanntlich kein strategischer Denker. Die Frage ist daher nicht, was sein Plan ist, sondern wie viel Spielraum er dem Pentagon und dem Außenministerium lässt. Denn dort hat man einen Plan. Dessen Verwirklichung setzt allerdings eine dauerhafte Präsenz von US-Bodentruppen voraus.

Die Ziele der US-Politik nannte der damalige Außenminister Rex Tillerson Mitte Januar bei einer Veranstaltung der Hoover Institution in der Stanford University: Es müsse sichergestellt werden, dass der »Islamische Staat« (IS) und al-Qaida sich nicht reorganisieren können, zudem müsse der iranische Einfluss zurückgedrängt werden, es dürfe in Syrien keine Massenvernichtungswaffen geben, der Bürgerkrieg solle durch eine diplomatische Lösung beendet werden, die Assad von der Herrschaft ausschließe, so dass die Flüchtlinge zurückkehren können.