In Frankreich wird über die Aufweichung des Laizismus diskutiert

Im La-La-Laizismus-Land

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An Kritik, insbesondere ­wegen des Vorwurfs, er greife die französische Tradition des Laizismus an, mangelte es in den darauffolgenden Tagen nicht. Auch ein politischer Wegbegleiter wie der frühere rechtssozialdemokratische Premierminister Manuel Valls – er ist inzwischen Mitglied von Macrons Partei La République en marche (LREM) – zeigte sich wenig angetan von Macrons Initiative. Valls gilt als Vertreter eines eher »autoritären Laizismus«, der das Gebot der Trennung von Staat und Religion sehr weit fasst; er fordert beispielsweise vom Staat die Durchsetzung des Kopftuchverbots in vielen Bereichen, so auch bei Erzieherinnen, die in ihrer Wohnung Kleinkinder betreuen.

Macrons Auftritt kommentierte Valls mit den Worten: »Ich beanstande nicht, dass er vor den Bischöfen spricht. Ich leugne auch nicht die historische Bindung zwischen dem Christentum und Frankreich. Aber es gibt Themen, bei denen ich den Präsidenten nicht verstanden habe. Etwa, wenn er von der beschädigten Bindung zwischen Kirche und Staat spricht. Es gibt keine Bindung. Sie ist durchtrennt.«

Auch in weiten Teilen der Linken, die sich ebenfalls zum Laizismus bekennen, sich zugleich aber von Valls’ eher etatistischer Konzeption desselben scharf abgrenzen, rief Macrons Vorstoß Skepsis und Empörung hervor. Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon kritisierte noch am Abend der Präsidentenrede: »Die Bindung zwischen Kirche und Staat hat es nicht zu geben. Macron geht zu weit. Das ist unverantwortlich! Macron mitten im metaphysischen ­Delirium. Unerträglich. Man erwartete einen Präsidenten, man bekam die Miniaturausgabe eines Priesters.« Einige Tage später warf Mélenchon Macron in einem Video vor, er laufe Gefahr, »Feuer an die Republik zu legen«, indem er das Zusammenleben durch seine Parteinahme gefährde.

Von der konservativen bis zur ex­tremen Rechten erhielt Macron dagegen viel Zustimmung; allerdings ging seine Initiative einigen nicht weit genug. Marine Le Pen bezeichnete Macrons Angebot an die katholische Kirche sinngemäß als ein Linsengericht, mit dem die Katholiken abgespeist werden sollten, um sie »gütig zu stimmen«. Dadurch wolle Macron sie in sein politisches Vorhaben einer Revision des Gesetzes von 1905 einbinden – dessen Nutznießer jedoch nicht sie seien, sondern die Muslime. Prinzipiell habe die französische Nation natürlich »christliche Wurzeln«.

Einen politischen Konsens kann Macron mit seiner Aussöhnung mit den Katholiken nicht erzielen. Vielleicht gelingt es dem Präsidenten, der als wirtschaftsliberaler, materialistischer Technokrat gilt, seinem Image eine neue Facette hinzuzu­fügen.