In Malaysia wurde die langjährige Regierungskoalition abgewählt

Mahathirs zweiter Frühling

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Es ist offen, inwieweit die Mobilisierung der Bevölkerung auf ethnischer beziehungsweise religiöser Grundlage in Zukunft forciert wird. Im Parteiblatt der PAS erschien bereits ein Artikel, ­in dem alle Abgeordneten aufgelistet ­werden, die vermeintlich »antiislamisch« eingestellt sind. Knapp über die Hälfte der Bevölkerung Malaysias sind sunnitische Malaien. Bei vielen davon sitzt die Angst tief, die ethnischen ­beziehungsweise religiösen Minderheiten könnten gestärkt werden, insbesondere die auch ökonomisch einflussreichen Chinesen, sowie Christen und moderate oder gar liberale Muslime.

Najib Razak und einige seiner Partner müssen zunächst versuchen, einer ­Gefängnisstrafe zu entgehen. Die UMNO wird einen Parteikongress abhalten, bei dem große Teile des Führungspersonals ausgetauscht werden. Ob sich die Partei auch inhaltlich reformieren kann, ist fraglich.

Die neue heterogene Regierung will Reformen, besteht aber auch aus vielen ehemaligen Anhängern des autoritären Regimes. Wirtschaftspolitisch riskant ist die geplante Abschaffung der kürzlich eingeführten Mehrwertsteuer. Die vielen versprochenen Wahlgeschenke sind kaum finanzierbar. Außerdem ist unklar, ob die gesetzlich verankerten Privilegien der malaiischen Mehrheit Bestand haben werden.

Fraglich ist auch, wie lange Mahathir Premierminister bleiben wird. Das liegt an seinem hohen Alter, aber auch daran, dass informell schon über ­­einen Amtswechsel verhandelt wurde. Mahathir soll dem bei den Wahlen noch inhaftierten Anwar Ibrahim weichen, dem eigentlichen Vorsitzenden der Volksgerechtigkeitspartei (PKR), der mit 47 Mandaten stärksten Partei in der PH. Anwar braucht nach seiner Freilassung eine Begnadigung durch den König, um wieder öffentliche Ämter ausüben zu dürfen. Bis 1998 war Anwar der Stellvertreter Mahathirs bei der UMNO, fiel dann aber während der Asien-Krise in Ungnade und wurde durch das Zutun Mahathirs wegen ­Korruption zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Hinzu kamen Verur­teilungen zu langjährigen Haftstrafen wegen angeblicher homosexueller Handlungen – diese Urteile gelten ebenso als politisch motiviert.

Inzwischen haben sich die beiden zwar versöhnt, aber ob Mahathir Anwar wirklich Platz machen wird und vor ­allem, ob er demokratische Reformen unterstützen wird, steht in den Sternen.