In ihrem neuen Buch verschärft Jasbir Puar ihre Thesen gegen Israel

Die professionelle Antizionistin

Auch in ihrem neuen Buch bleibt die queere Theoretikerin Jasbir Puar ihrem verschwörerischen und unwissenschaftlichem Israel-Hass treu.

Die Queer Theory ist Anfang der neunziger Jahre in den Vereinigten Staaten auch als akademische Reaktion auf die Aids-Krise entstanden. In der Hoffnung, die Wirkmächtigkeit konser­vativer Moralvorstellungen zu begren­zen, sollte eine eklektische Analyse, die sich auf Literatur- und Kulturwissenschaft, Aktivismus und Kunst stützte, dem Sexuellen den Schein des Natürlichen nehmen. Doch bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends machten sich Abnutzungserscheinungen bemerkbar. Die Frage, wie man sich in einer veränderten Gesellschaft zu verhalten habe, die sich nach schwul-lesbischen ­Erfolgen für gleichgeschlechtlich Liebende öffnete, machte jene ratlos, die sich ­gerade auf ebenjene nunmehr ero­dierenden Normen spezialisiert ­hatten – ein Dilemma, weil die Beteiligten eine ra­dikale Selbstinszenierung pflegten und gleichzeitig wissenschaftlich wie politisch avantgardistisch sein wollten.

In dieser Situation begannen queere Theoretiker alsbald, untereinander um die radikalste Position zu konkurrieren. Dabei bildeten sich zwei Lager. Die einen frönten der »anti­social theory«, einer Art Lob morbider Vereinzelung, und entdeckten schließlich – so wie Tim Dean und Lee Edelman – im Sex ohne Kondom ­einen transgressiven Akt, was in Zeiten vor der HIV-Prophylaxe einer Todessehnsucht gleichkam. Die ande­ren hingegen fingen an, das Individuum in Vergemeinschaftung aufzulösen. Sie sahen in einer geradezu als schicksalhaft gezeichneten ethnischen Kumpanei ein Bollwerk gegen Rassismus. Hatten Queer Studies in den neunziger Jahren noch ahistorische Vorstellungen von Geschlecht und »menschlicher Natur« zu Recht als »essentialistisch« abgelehnt, entdeckten sie nun selbst ihr Herz für ursprüngliche Gemeinschaften, Blutsbande und kollektive Reinheit. Begehren wurde immer mehr über Kol­lektivität gedacht, Rassismus zunehmend gegen Sexualität ausgespielt.

Beide Lager geben sich weiterhin prononcierter Radikalität hin. Aus ihren Chiffren, Gesten und Postulaten spricht die Ratlosigkeit, wie sich zu einer Welt zu verhalten sei, die sich schneller verändert, als es die Reflexion einzufangen vermag. Der wissenschaftshistorische Impetus, eine Geschichte der Heterosexualität zu schreiben, ist längst vergessen. Queer Theory ist heute nur noch in dem Sinne queer, als sie an einem anachronistischen Begriff festhält und nicht sehen will, dass sich ­dessen mittlerweile fast 30-jährige Karriere am Ende befindet.

Exemplifizieren lässt sich das an den Schriften einer Protagonistin der Vergemeinschaftungsfraktion, die den Unterschied zwischen Aka­demikerin und Aktivistin längst verwischt hat. Die »US-amerikanische Genderwissenschaftlerin und Terror­apologetin« Jasbir K. Puar, wie Patsy l’Amour laLove treffend Tun und Gesinnung der Professorin an der ­Rutgers University in New Jersey und no­torischen BDS-Kämpferin zusammenfasst, verfolgt mit ihrer universitären Tätigkeit ein Ziel: Israel anzufeinden. 2007 erschien ihre erste Monographie »Terrorist Assem­blages«, die Benedikt Wolf in seinem Beitrag in dem Band »Beißreflexe« als wesentlichen Wendepunkt in der Queer Theory ausgewiesen hat. ­Diese Abhandlung wich in vielerlei Hinsicht von den impliziten Konventionen der Queer Studies ab: Terminologisch, weil ihr an Gilles Deleuze und Félix Guattari orientiertes Vokabular sich von der überwiegend verfolgten Linie Michel Foucault/Judith Butler absetzte. Argumentativ, weil sie mit dem Begriff »Homonationalismus« eine nach innen gewendete Frontstellung eröffnete, die Wolf zu Recht als konstitutives Moment des nun offen antiemanzipatorischen Anliegens versteht, das sich in queeren Kreisen seitdem zeigt. Während es gute Gründe gibt, über die Überlagerungen von Flüchtlings- und Sexualitätsdebatten nachzudenken, beschränkten sich die Antworten, die Puar auftischte, auf einfach Analogien: Weil sich westliche Staaten im 21.Jahrhundert für gleichgeschlechtliche Belange öffneten, verschlössen sie sich gleichzeitig gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen, die fortan mit denjenigen negativen Assoziationen belegt würden, welche zuvor mit den nun Inkludierten verbunden wurden.

»Terrorist Assemblages« ist kürzlich zu seinem zehnjährigen Jubiläum wiederaufgelegt worden. In seinem Vorwort lobt der Yale-Professor Tavia Nyong’o die Abhandlung seiner Kollegin dafür, statt eines »unschuldigen politischen Subjekts« die »abgründige Figur der ›subjektlosen Kritik‹« vorgelegt zu haben. Er raunt ganz im Geiste Puars über »neoliberale (und nun neofaschistische) poli­tische Formationen«, die nicht weiter präzisiert werden, die aber getrost in Washington, D.C., vermutet werden können. In ihrem eigenen »Postskriptum zu Homonationalismus in Zeiten Trumps« wiederholt die Autorin ihre Definition des Begriffs und warnt davor, dass ein Bündnis zwischen Queerness und säkularer Haltung »rassisierende und zivilisierende Überlegenheitsdiskurse« ­verstärken würde. Eine Kritik am Isla­mismus findet sich nirgends. Stattdessen wird die berüchtigte Eloge des Selbstmordattentats, das Puar als »queer« auslegt, weil binäre Oppositionen wie Leben und Tod, Täter und Opfer in diesem zu ebenjener terroristischen »Assemblage« verschmölze, unverändert wiederabgedruckt.

Wer nach der Erstveröffentlichung der Abhandlung noch gedacht hatte, dass dies der um Aufmerksamkeit buhlenden queertheoretischen Attitüde geschuldet sei oder einem ­Vermarktungstrick des Lektorats von Duke University Press, wurde 2010 ­eines Besseren belehrt. Ein mit »Isra­el’s gay propaganda war« betiteltes Stück im britischen Guardian offenbarte, was Puar selbst dachte.