Danger Dan veröffentlicht sein erstes Soloalbum

Immer in Bewegung bleiben

Danger Dan, Teil des Rap-Trios Antilopen Gang, versammelt auf seinem ersten Soloalbum Songs über seine Therapie und Reflexionen über den deutschen Rap.

Rumms! Danger Dan bekommt »Eine aufs Maul«. Und zwar von sich selbst. Direkt auf dem ersten Track seines Soloalbums »Reflexionen aus dem beschönigten Leben«. Danger Dan sagt im Interview mit der Jungle World: »Das Selbstbild auf der Platte schwankt zwischen ›Ich bin der Coolste und alles regelt sich von alleine‹ und ›Ich hau mir eine rein, weil ich nicht mehr klarkomme‹«.

Dieses Schwanken kennt er schon lange. Danger Dan zog aus, schockte die Akademikereltern, weil er in ­einer Punkband spielte, eine Ausbildung, ein Studium, jeden seiner unzähligen Jobs aufgab, Musiker wurde und es auch blieb. »Ich habe mal eine Ausbildung abgebrochenen, weil ich ›Lost‹ gucken wollte. Ich konnte die Schule einfach nicht mehr sehen«, sagt er. Bis heute ist er Autodidakt geblieben.

Vor zehn Jahren war Danger Dan nur irgendein Typ aus Aachen, der Musik machte, als Zirkus-Lehrer, Alleinunterhalter oder Handyverkäufer arbeitete und sich in antifaschistischen Gruppen engagierte. Niemand kannte seine Musik, geschweige denn ihn. Er spielte in einer Reggae­band, aber hielt sich im Hintergrund, war Teil eines wirren Rapper-Kollektivs namens Anti Alles Aktion und einer Gruppe, die Straßenrap persiflierte. 2008, in dieser Zeit, erschien seine Debüt-EP »Coming Out«. Erst zehn Jahre später entfaltet sie ihre volle Wirkung.

Wahrscheinlich ist Danger Dan der erste Rapper in Deutschland, der seine Psychotherapie freimütig in der Öffentlichkeit ausbreitet. Für ihn ist das kein Problem, kein Zeichen von Schwäche.

Erstens interessieren sich mittlerweile Zehntausende Menschen für Danger Dans Musik. Er ist in der Öffentlichkeit nicht mehr irgendein Typ, sondern Teil der Gruppe Anti­lopen Gang. Mit der bringt er subversive Inhalte in den sonst oft so ­politikverdrossenen Deutschrap. Zweitens setzte er sich damals auf dem Song »Sommerlüge« als erster deutscher Rapper überhaupt mit der Shoa auseinander. Der Song ist gerade jetzt, wo in der Rapszene ­heftig über Antisemitismus diskutiert wird, Kollegah und andere ­sogar explizit antisemitische Verschwörungstheorien bedienen, so ­aktuell wie nie. Drittens bezieht sich Danger Dan heute wieder auf sein Erstlingswerk. Sein neues Album lässt sich auch als Anknüpfung an die ­Gedankengänge seines alten Ego ­lesen.

»Vielleicht klingt das nach esoterischer Scheiße/Wichtig ist nur der Moment und in Bewegung zu bleiben«, rappte Danger Dan damals auf dem Song »Private Altersvorsorge«. Doch die viele Bewegung der vergangenen Jahre war nicht immer einfach zu verkraften. Sein Freund und Antilopen-Gang-Kollege NMZS nahm sich das Leben. Zeit, das zu verarbeiten, blieb wenig, denn kurz darauf schaffte die Antilopen Gang ihren Durchbruch. Der Alltag spielte sich von da an häufig im Studio, im Tourbus oder bei Presseterminen ab, keine Zeit für ein Privatleben. Danger Dan sagt: »Letztes Jahr war mein ­erfolgreichstes, aber auch das, in dem es mir am dreckigsten ging.« Die Folge: Er begann eine Therapie. »Ich bin bei einer Verhaltenstherapeutin, die auch tiefenpsychologisch arbeitet.« Sie könne auch mal mit ihm lachen, Stellung beziehen, die Prota­gonisten aus seinen Erzählungen bewerten, vielleicht sei das unprofes­sionell, egal, es helfe ja. Die Erkenntnisse aus den therapeutischen Sitzungen führten schließlich zum Album.

Wahrscheinlich ist Danger Dan der erste Rapper in Deutschland, der ­seine Psychotherapie ganz freimütig in der Öffentlichkeit ausbreitet. Für ihn ist das kein Problem, kein Zeichen von Schwäche. »Fast jeder macht doch mal eine Therapie«, sagt er. Und: »Ich fände es auch gut, wenn alle, die im sozialen Bereich arbeiten, verpflichtend eine Therapie machen würden. Die sollten sich grundlegend reflektieren, bevor sie beginnen, mit Menschen zu arbeiten.« ­Direkte Bezüge zu den Sitzungen gibt es bis auf eine Erwähnung seiner Therapeutin auf dem Album aber nicht. Man muss sie sich dazu denken. Ob das Schreiben von Texten an sich eine therapeutische Wirkung hat, darüber ist sich Danger Dan nicht ganz im Klaren. Er schreibt immer, wenn es möglich ist. Es diene dazu, Gemütszustände nachvollziehen zu können.