Die Deutsche Bank steckt in einer schweren Krise

Ein Global Player will nach Hause

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Was genau Anlass zum Stolz geben soll, erwähnte Sewing jedoch nicht. Der Gewinn war im vergangenen Quartal auch ohne die Hiobsbotschaften aus New York auf 20 Prozent des bereits mageren Vorjahresergebnisses eingebrochen, hatte also lediglich 120 Mil­lionen Euro betragen, während Konkurrenten wie JP Morgan oder Goldman Sachs Rekordgewinne von umgerechnet fast drei beziehungsweise weit über zwei Milliarden Euro erzielt hatten. Man habe sich letztlich auf dem Investmentmarkt nicht gegen die US-Konkurrenz durchsetzen können, hatte Sewing selbst bei seiner Postenübernahme vor wenigen Monaten eingestanden. Von einer »Kapitulation der Deutschen Bank« hatte Spiegel Online nach Verkündung der Zahlen und der vom neuen Vorstandsvorsitzenden verkündeten Neuausrichtung der Bank im April geschrieben.

Die derzeitige Krise der Bank, die tatsächlich an ihrem Tiefpunkt angekommen zu sein scheint, könnte eine strategische Wende nach sich ziehen. Die angekündigte Streichung mehrerer Tausend Stellen im Bereich des Investmentbanking, die einem weitgehenden Rückzug aus diesem Geschäftsbereich gleichkommen würde, und die von Sewing immer wieder betonte stärkere Konzentration auf das Geschäft mit Privat- und vor allem Geschäftskunden, die zudem mit einer »Rückbesinnung auf ­unsere Heimatmärkte in Deutschland und Europa« einhergehen könnte, wie es in einer Presse­mitteilung der Deutschen Bank vom April hieß, könnten also beschleunigt werden.

Jedenfalls scheint ausgemacht, dass das mit Abstand wichtigste deutsche Finanzinstitut sich zukünftig wieder eher als Finanzierer der deutschen und darüber hinaus auch europäischen Exportwirtschaft etablieren will – wie die Bank ihre Rolle traditionell seit der Gründung 1870 verstanden hatte –, statt Ackermanns Traum vom global player weiterzuverfolgen. Die Kassen sind immerhin gut gefüllt: Trotz der geringen Profitabilität zählen die Liquiditätsreserven der Bank von 279 Milliarden Euro weiterhin zu den höchsten der Welt. Und insbesondere die zu erwartenden Handelskriege Deutschlands und anderer europäischer Länder mit den USA dürften der Bank neue und profitable Geschäftsfelder eröffnen, etwa in der Finanzierung von Unternehmen, die dann auf die Dienste europäischer Banken angewiesen sind. Das könnte ihren Ruf zumindest hierzulande auch wieder deutlich verbessern: als spezifisch deutsche Bank.