Homestory

Homestory #29

Für den Fifa-Präsidenten Gianni Infantino war es die beste WM aller Zeiten. Für uns auch, rein fußballerisch gesehen. Am schönsten fanden wir die Vorrunde, aus Gründen, die bekannt sein dürften.

Die Hoffnung, dass sich die deutschnationale Fußballdebatte nach dem Ausscheiden der »Mannschaft« beruhigen würde, hat sich allerdings nicht erfüllt. Stattdessen entspann sich eine Debatte über Integration, Identität und Rassismus, die weder politisch noch gesellschaftlich etwas bringen wird. Dabei wollten wir einfach, endlich entspannt, weiter Fußballgucken. Naja – einige von uns.

Einer, der solche Sorgen nicht hatte, ist unser WM-Korrespondent Endi Endeman. An dieser Stelle möchten wir uns bei ihm für seine Berichterstattung aus Russland auf unserem Jungle-WM-Blog herzlich bedanken. Ohne ihn hätten wir – und Sie vermutlich auch – nie erfahren, dass LGBT-Fahnen in WM-Stadien gezeigt wurden; dass iranische Aktivistinnen für ihr Recht, im Iran Fußballspiele zu be­suchen, demonstriert haben oder dass auch eine Republik namens Mordwinien zur Russischen Föderation gehört. Ein herzliches Dankeschön auch an Ewgeniy Kasakow und Ute Weinmann, die darüber berichtet haben, was sich am Rande der Großveranstaltung in Russland ereignet hat, zum Beispiel über die Repression gegen Studenten der Moskauer Staatlichen Universität, die gegen die ­Einrichtung der Fanmeile protestierten, oder über marodierende rechte Hooligans in Moskau und St. Petersburg.

Hier in der Redaktion hielt sich das Fußballfieber in Grenzen (wir berichteten). Einziges Highlight war die Verkündung der Gewinnerin unseren hausinternen Tippspiels: Es ist die Redakteurin im Feuilleton-Ressort. Gefragt nach dem Geheimnis ihres Erfolgs sagte sie, sie habe wirklich taktisch und nicht politisch getippt: »Ich habe zum Beispiel Russland, im Gegensatz zu allen anderen, die ganze Zeit hochgetippt«, sagte sie. Wieder etwas gelernt. Niemals mit dem Herz, schon gar nicht mit politischen Sympathien, immer mit dem Verstand tippen. Hat es also nur an Russland gelegen, dass sie schon nach dem Achtelfinale uneinholbar geführt hat? »Nein, ich war die einzige, die alle, aber wirklich alle Spiele geguckt und auch getippt hat«, erklärt sie. Das stimmt. Ein Teil der Redak­tion hat schon während der WM, mitten im Tippspiel, die Stadt oder gleich das Land verlassen, am Ende blieben nur die Hartnäckigen am Ball.