Die Nominierung eines neuen konservativen Bundesberufungsrichters könnte den Supreme Court sehr lange prägen

Richter nach den Wünschen der Rechten

Mit der Nominierung Brett Kavanaughs stellt Präsident Donald Trump eine konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof sicher – möglicherweise für Jahrzehnte.

Warum, so fragt man sich, tolerieren das republikanische Establishment und die zahllosen Wertkonservativen in den USA weiterhin einen Rüpel wie Donald Trump? Eine Antwort ist: Es geht ihnen um die Bundesgerichte, vor allem den Supreme Court, den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Dessen neun Richterinnen und Richter dienen auf Lebenszeit, neue Amtsanwärter werden vom Präsidenten ernannt und vom Senat bestätigt. Mit dem Rücktritt des Richters Anthony Kennedy hat Präsident Trump nun die Chance, das höchste Gericht der USA auf Jahrzehnte konservativ zu prägen.

Genau das haben republikanische Parteistrategen seit Jahren im Blick. Bei den Vorwahlen 2016 stellte das Wahlkampfteam Trumps in Zusammenarbeit mit den Think Tanks »Federalist Society« und »Heritage Foundation« eine Wunschliste mit elf Namen zusammen. Trump bot den konservativen Wählerinnen und Wählern einen Pakt an – eine auf allen Ebenen strikt konservative Richterschaft im Austausch für die Unterstützung seiner Präsidentschaftskampagne. Immerhin 43 Bundesrichter hat Trump in seiner kurzen Amtszeit bereits ernennen können, 91 weitere müssen noch vom Senat bestätigt werden. Es ist der einzige Bereich, den er fleißig bearbeitet. Auch das erklärt sei­ne hohe Popularität bei republikanischen Stammwählern.
Die Ernennung Neil Gorsuchs am 1. Februar 2017 änderte das labile ideologische Gleichgewicht des Supreme Court nicht.

Die republikanische Partei will ihre Vorstellungen von konservativen Richtern durchsetzen lassen – ausreichende Zustimmung in der Bevölkerung findet sie nicht.

Denn Gorsuch ersetzte einen anderen konservativen Richter, den im Februar 2016 verstorbenen Antonin Scalia. Das war nur möglich, weil der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sich 2016 entgegen den parlamentarischen Gepflogenheiten schlicht weigerte, Präsident Barack Oba­mas Kandidaten Merrick Garland eine Anhörung zu gewähren. Es war ein schmutziger Trick, aber effektiv. Und nun kann Präsident Trump einen weiteren Richter ernennen. Für den Sitz Kennedys hat er den Bundesberufungsrichter Brett Kavanaugh vorgeschlagen, der bereits seit Mai 2016 auf der Liste konservativer Kandidaten steht.

Kavanaugh wurde 2003 von George W. Bush, für den er fünf Jahre lang gearbeitet hat, zum Bundesberufungsrichter des Disctrict of Columbia ernannt, doch es dauerte drei Jahre, bis der Senat ihn bestätigte. Denn Kavanaugh gilt als linientreuer und fleißiger Konservativer. In den vergangenen zwölf Jahren hat er an die 300 Urteile verfasst, und er ist erst 53 Jahre alt – seine Amtszeit beim Obersten Gerichtshof könnte also lang werden. In den neunziger Jahren arbeitete Kavanaugh für den Sonderstaatsanwalt Kenneth Starr, dessen Ermittlungen in einem dubiosen Immobiliengeschäft des Ehepaars Clinton, dem Fall Whitewater, beinahe Präsident Bill Clinton zu Fall gebracht hätten. 2008 schrieb Kavanaugh für die Fachpublikation Minnesota Law Review einen 33seitigen Artikel, in dem er unter anderem argumentierte, man solle amtierenden Präsidenten einen »zeitlich begrenzten Aufschub« bei Strafanzeigen oder Ermittlungen aller Art gönnen, denn diese seien »zeitraubend und ablenkend«. Diese Ansicht dürfte Trump teilen.

Zudem gilt Kavanaugh als ein Gegner der Abtreibung. Legal ist diese in den USA allein aufgrund eines Urteils des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1973, im Fall Roe v. Wade. Viele Frauenrechtlerinnen fürchten nun einen Schritt zurück. Kavanaugh sagte zwar bei seiner Anhörung für das Bundesberufungsgericht 2006, dass Roe v. Wade eine verbindliche Rechtsgrundlage sei, konnte aber die Skepsis bei den demokratischen Senatoren nicht ganz ausräumen. Viel ist über seine Meinung zu dem Thema nicht bekannt, in seinen zwölf Jahren im Amt hatte er lediglich über einen einzigen Abtreibungsfall
zu entscheiden. Dieser jedoch ist aufschlussreich. Als im Herbst 2017 eine jugendliche Migrantin in Texas von den US-amerikanischen Einwanderungsbehörden an einem Schwangerschaftsabbruch gehindert wurde, erklärte das Bundesberufungsgericht dies für unzulässig. Kavanaugh schrieb in einer Begründung seiner vom Urteil abweichenden Minderheitsmeinung unter anderem, dass minderjährige illegale Einwanderer nun wohl bei der US-Regierung »Abtreibungen auf Verlangen« einfordern wollten. Es war diese Wortwahl – abortion on demand –, die Konservative aufhorchen ließ.

Kavanaugh bediente sich hier exakt der Sprache, die man in den rechten Medien hört. Kein Wunder also, dass die Rechten begeistert sind, denn womöglich bietet sich nun die Chance, Roe v. Wade aufzuheben oder zumindest Einschränkungen zu verfügen.

Es ist bezeichnend, dass die republikanische Partei ihre Vorstellungen von konservativen Richtern durchsetzen lassen will – ausreichende Zustimmung in der Bevölkerung findet sie nicht. Eine Anfang Juli veröffentlichte Umfrage der Quinnipiac University ergab, dass eine Mehrheit von 63 Prozent der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner Roe v. Wade befürwortet.
Doch die Demokraten können nichts tun. Nur die Republikaner, die mit einer knappen Mehrheit den Senat kontrollieren, könnten die Nominierung verhindern. Für die US-amerikanische Rechte hat sich der Pakt mit Trump gelohnt.